Mit regionalen Dialogen Versorgungsqualität verbessern

Vor dem Hintergrund weiter bestehender, regionaler Versorgungsunterschiede haben Experten erneut eine umfassendere Qualitätssicherung gefordert. Vor allem die Qualität bei der Indikationsstellung und die sektorenübergreifende Koordination müssten dabei in den Mittelpunkt rücken. Möglich machen dies Area-Indikatoren, die den Gesundheitszustand von Menschen in einzelnen Regionen beschreiben. In Deutschland werden diese aber derzeit kaum genutzt.

Berlin, 15. Mai 2015 (IGES Institut) -Internationalen Vorbildern folgend haben zwar Studien zu regionalen Varianzen medizinischer Leitungen in Deutschland zugenommen. Dazu gehören auch die Analysen im Rahmen des „Faktencheck Gesundheit“, den IGES-Wissenschaftler im Auftrag der Bertelsmann Stiftung erstellen. Doch ungeachtet der nachgewiesenen, teilweise erheblichen Versorgungsunterschiede sind Initiativen für mehr Qualität oder zumindest empörter Protest bisher ausgeblieben, schreibt der IGES-Geschäftsführer, Hans-Dieter Nolting, in dem Fachblatt „G+G Wissenschaft“.

So variiert etwa die Häufigkeit der operativen Entfernung der Gaumenmandeln in Krankenhäusern bei unter 19-Jährigen zwischen 14 und 109 Eingriffen pro 10.000 Einwohner. Das entspricht einer Variation um den Faktor acht, wie der Faktencheck zeigte.

Angebot bestimmt Leistungen

Nolting erläutert in dem Beitrag zudem den gegenwärtigen Forschungsstand zu den Gründen regionaler Varianzen. Danach sind etwa überdurchschnittliche Ausgaben oder Leistungsmengen in einer Region nicht per se ein Beleg von Ineffizienzen. Vielmehr erklären andere Faktoren wie unter anderem das Angebot bestimmter Leistungen außergewöhnliche Behandlungshäufigkeiten und weisen daher auf Qualitätsprobleme hin.

Regionale Versorgungsindikatoren eigenen sich zur Qualitätssicherung vor allem, weil sie anders als aktuell genutzte Kennzahlen die Qualität der Indikationsstellung abbilden. Zudem beleuchten sie die Leistungsfähigkeit ganzer regionaler Versorgungsketten und –strukturen.

Verantwortliche bei Qualitätsproblemen fehlen

Area-Indikatoren spielen jedoch im Rahmen der offiziellen Qualitätssicherung in Deutschland bisher kaum eine Rolle. Eine Ursache ist laut Nolting, dass sie keinen konkreten Verantwortlichen für Auffälligkeiten benennen. Zudem gebe es bisher keine Instanz, die ein bevölkerungsbezogenes Qualitätssicherungsmandat habe.

Ferner fehlten bisher systematische Prozesse, was mit den Erkenntnissen in den jeweiligen regionalen Versorgungssystemen weiter geschehen soll. Dies gelte es zu entwickeln, um die Qualität der Versorgung weiter zu verbessern. Die Einrichtung regionaler Qualitätsdialoge könnte ein erster Schritt in die Richtung einer sektorenübergreifenden Qualitätssicherung sein.


Hans-Dieter Nolting; „Regionale Variationen: Stand und Nutzungsperspektiven in Deutschland“; G+G Wissenschaft; Jg. 15, Heft 2 (April), S. 16-22.