Realistischer Blick auf die Zukunft der Dialyse gefordert

IGES-Experten rufen zu einem sachlichen Diskurs und einem realistischen Blick auf den künftigen Versorgungsbedarf in der Dialyse auf. Zugleich weisen sie Kritik zurück, in einer eigenen Studie die Zahl der Betroffenen zu überschätzen.

10. April 2014 - „Unsere Modellierung beruht auf den derzeit besten epidemiologischen Daten zur Dialyse in Deutschland, die auf Meldedaten nahezu sämtlicher, bundesweit mehr als 1.000 Dialyseeinrichtungen basieren“, erläutert Hans-Holger Bleß, Leiter des Bereichs Versorgungsforschung am IGES Institut.

Bleß korrigiert damit Angaben des Verbandes Deutscher Nierenzentren (DN), wonach der in der IGES-Studie prognostizierte Prävalenzanstieg mit Abrechnungszahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ermittelt wurde. „Wir haben bewusst nicht die Daten der KBV genutzt, da sich diese nur auf ambulant versorgte, gesetzlich Krankenversicherte beziehen. Einzelne Abrechnungsziffern werden zudem gar nicht bundeseinheitlich verwendet. Wer damit rechnet unterschätzt die Prävalenz von Dialyse in Deutschland erheblich.“

Optimale Rahmenbedingungen und Dialyseregister nötig

Das IGES Institut hat aktuell eine Studie über den künftigen Dialysebedarf veröffentlicht. Danach sind derzeit rund 83.000 Menschen von der Dialyse abhängig. Im Jahr 2020 werden es gut 100.000 sein, was einer jährlichen Zunahme von 2,7 Prozent entspricht. Zugleich ermittelten die Studienautoren einen bundesweiten, altersbedingten Rückgang ambulant tätiger Nephrologen um acht Prozent.

Vor diesem Hintergrund plädieren die IGES-Wissenschaftler, die ambulante nephrologische Versorgung finanziell und strukturell zu stärken und durch einen vermehrten Einsatz bisher kaum genutzter Heimdialyseverfahren vielfältiger zu gestalten. Bleß: „Im Sinne der Patienten brauchen wir für eine künftige bedarfsgerechte Dialyseversorgung optimale Rahmenbedingungen. Dazu gehören eine adäquate Vergütung, gezielte Nachwuchsförderung, eine optimale Infrastruktur verschiedener Dialyseangebote sowie insbesondere eine verbesserte Information und Beratung der Patienten bei der Wahl des Dialyseverfahrens.“

Bleß ruft zudem zu erneuten Anstrengungen auf, ein Register zu etablieren, um nicht nur die Entwicklung der Patientenzahlen kontinuierlich abzubilden, sondern auch die Dialyseversorgung besser analysieren zu können.

Die Studie ist als Buch bei der Nomos Verlagsgesellschaft veröffentlicht:
„Status quo und Zukunft der Heimdialyse“; Silvia Klein, Kathrin Lottmann, Patrick Gierling, Hans-Holger Bleß; 200 S.; broschiert; ISBN 978-3-8487-1246-5