Arzneimittel-Atlas

Die Krankenkassen geben im Jahr 2005 für die Erneuerung des Arzneimittelsortiments 0,5 Mrd. Euro aus, für die Zunahme des Verbrauchs aber 1,8 Mrd.

Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel wachsen seit Jahren am stärksten und sind inzwischen zweitgrößter Ausgabenblock. Unwirtschaftliche Verordnungen seien der Grund, heißt es in Diskussionen. Ärzte würden statt patentfreien, preisgünstigen und bewährten Medikamenten neue patentgeschützte, teure Wirkstoffe ohne Zusatznutzen – „Scheininnovationen“ – verordnen, was bei den gesetzlichen Krankenkassen zu Mehrausgaben in Milliardenhöhe führt.

Vor diesem Hintergrund entwickelt IGES 2006 den „Arzneimittel-Atlas“. Im Kern ist er ein mathematisches Modell, das die jährlichen Ausgabensteigerungen in zehn Komponenten zerlegt, um sie besser zu verstehen. Neben einer verbrauchsabhängigen Mengen- und
Preiskomponente gibt es acht Strukturkomponenten. Davon beziehen sich zwei auf die jährliche Veränderung des Arzneimittelsortiments durch Innovationen: Die „Therapieansatz“-Komponente zeigt, wie viel die Substitution von medizinisch ähnlich wirksamen, aber vom Wirkprinzip her unterschiedlichen Wirkstoffen kostet (z.B. H2-Blocker durch Protonenpumpen-Inhibitoren beispielsweise gegen Magengeschwüre). Demgegenüber beziffert die „Analog“-Komponente Ausgabenunterschiede, die durch den Wechsel zwischen chemisch ähnlichen Arzneimitteln entstehen. Letztere ist auch als finanzielle Abbildung des Einsatzes von teuren „Scheininnovationen“ oder von „Me-Too“-Präparaten zu sehen. Die beiden Komponenten beliefen sich im Vergleich zwischen 2005 und 2006 auf 405 Mio. Euro. bzw. 144 Mio. Euro. Das waren 21 bzw. sieben Prozent des gesamten Steigerungsvolumens von 1.943 Mio. Euro. Einsparungen in Höhe von 460 Mio. EUR, etwa durch Patentausläufe, haben das innovationsbedingte Plus jedoch annähernd kompensiert. Der größte Teil der Mehrausgaben 2006 ging auf das Konto von Verbrauchssteigerungen (1.854 Mio. Euro). Die Ergebnisse widerlegen die These, dass der Wechsel zu Innovationen oder „Scheininnovationen“ die Ursache ist.

Der „Arzneimittel-Atlas“ gehört heute zum Bestand der gesundheitsökonomischen Berichtssysteme in Deutschland. Auf dieser Basis werden seit 2007 Prognosen der Arzneimittelausgaben erstellt, die in die Planungen und Verhandlungen von Ministerien, Ärzten undKrankenkassen einfließen.