Pflege-Expertin: Ambulante Pflege stärker präventiv ausrichten

Bei einer Fachveranstaltung zur Prävention in der Pflege hat Dr. Grit Braeseke, Bereichsleiterin Pflege am IGES Institut, deutliche Kritik an den unzureichenden Präventionsleistungen im deutschen Gesundheits- und Pflegesystem geübt. Die Expertin stellte dabei ein neues Impulspapier vor, das konkrete Handlungsempfehlungen für eine bessere Prävention in der Pflege enthält.

Berlin, 17. Oktober 2025 (IGES Institut) - „Es passiert derzeit immer noch zu wenig beim Erhalt der kapazitätsstärkender Verhaltensweisen, wenn Pflege bereits eingetreten ist“, betonte Braeske auf der Fachtagung "Impulse für Prävention und Qualität in der Pflege in einer alternden Gesellschaft", die das IGES Institut zusammen mit der „Initiative generationengerechte Pflege“ am 16. Oktober 2025 veranstaltet hat.

"Prävention spielt in der Kranken- und Pflegeversicherung leider eine untergeordnete Rolle", sagte sie. Nur 0,05 Prozent der laufenden Gesundheitsausgaben der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) seien 2023 in die Prävention geflossen – für Pflegebedürftige in Pflegeheimen.

Die Pflegeexpertin und Autorin des Impulspapiers weist besonders auf die Situation in der häuslichen Pflege hin: "85 Prozent der Pflegebedürftigen werden häuslich gepflegt. Das ist eine Gruppe, die noch mehr Präventionspotenziale aufweist." Trotz des 2017 eingeführten neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, der sehr präventive Elemente enthält, hapere es aber an der Umsetzung durch die Selbstverwaltung: „Bisher haben wir noch immer eine mangelnde Umsetzung in den Landesrahmenverträgen. Die Leistungskataloge der ambulanten Pflege sind körperbezogen, verrichtungsorientiert und ermöglichen keine ganzheitliche, individuelle, auch präventiv ausgerichtete Versorgung", kritisierte die IGES-Expertin.

Dabei gäbe es bereits Vorschläge einer Expertengruppe, wie man die Rahmenverträge auch im Sinne des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes anders formulieren und die Leistungen beschreiben kann .

Braeseke verwies auf konkrete Maßnahmen: "Ganz wichtig ist, dass das Thema Prävention von Erkrankungen durch einen gesunden Lebensstil mehr in den Alltag eingeht, also Bewegung zur Alltagsgewohnheit machen", so Braeseke. Ältere sollte zudem beim Krankheitsmanagement besser unterstützt werden und auch pflegende Angehörige brauchten eine bessere Begleitung.

Einen besonderen Fokus legte Braeseke auf die Pflegegeldempfänger. "54,5 Prozent der Pflegebedürftigen nehmen ausschließlich Pflegegeldleistungen in Anspruch." Hier schlägt sie vor, dass man in den ersten drei Monaten Pflegegeld nicht direkt auszahle, sondern für diese Summe entsprechende Beratungsleistungen oder Begleitung in der Häuslichkeit erbringen sollte.

Das Impulspapier wurde für den Verband der Privaten Krankenversicherung erstellt und verweist auch auf das Konzept "Gesundes Altern" der Weltgesundheitsorganisation WHO.


Foto: Initiative generationengerechte Pflege / Reinhardt & Sommer