Albrecht: „Harte Budgetierung hat hohes Risiko unerwünschter Nebenwirkungen“

Budgetierungen zur Entlastung der GKV-Finanzlage sind nach Ansicht des IGES-Geschäftsführers Dr. Martin Albrecht nicht mehr zeitgemäß. Sie eigneten sich allenfalls als temporäre Maßnahme, weil sie oft mit schwierigen gesundheitspolitischen Konflikten einhergehen. Zudem gebe es alternative Ansätze, um Ausgaben im Gesundheitswesen zu begrenzen.

Berlin, 7. August 2025 (IGES Institut) – „Harte Budgetierungen haben ein hohes Risiko unerwünschter Nebenwirkungen – man sollte sie primär als temporäre Notmaßnahmen betrachten“, sagte Dr. Martin Albrecht im Gespräch mit dem gesundheitspolitischen E-Magazin gerechte-gesundheit.de.

So stamme die Bugetierung ärztlichen Vergütung aus einer Zeit, in der Leistungsausweitung und Überversorgung als zentrale Probleme galten. Die heutige Situation sei komplexer mit einem Nebeneinander aus Über- und Unterversorgung.

Als Alternativen zur Budgetierung nennt er Pauschalierungen bestimmter Vergütungsanteile und die Berücksichtigung der Fixkostendegression bei steigenden Fallzahlen. Zudem sieht er großes Potential in einer veränderten Steuerung des Zugangs zur ärztlichen Versorgung und der stärkeren Einbeziehung nicht-ärztlicher Heilberufe.

Grundsätzlich plädiert er dafür, dass jede erbrachte ärztliche Leistung auch voll bezahlt werden sollte, was "eine ewige Quelle des ritualisierten Streits zwischen Ärzten und Kostenträgern" beseitigen würde. Das Risiko eines unkontrollierten Ausgabenwachstums relativiere sich zudem durch die absehbare Verknappung ärztlicher Personalressourcen.

Bezüglich teurer onkologischer Arzneimittel warnt Dr. Albrecht, dass eine dauerhafte Budgetierung zu Einschränkungen bei der Verfügbarkeit neuer Medikamente führen könnte, wie der Vergleich mit Frankreich zeige.

Als alternative Maßnahmen schlägt er vor, den Einsatz hochpreisiger Therapien auf ausgewählte Einrichtungen zu beschränken, die hohe Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität erfüllen. Außerdem könne die GKV-Erstattung an Auflagen geknüpft werden, Daten und Evidenz über die Wirkungen unter Alltagsbedingungen zu liefern.

Abschließend weist Dr. Albrecht auf ein grundsätzliches Dilemma hin: "Für eine schnelle und spürbar dämpfende Wirkung auf die GKV-Ausgaben gibt es nur schlechte Instrumente, gute Instrumente entfalten ihre Wirkung erst langfristig – und kosten zunächst zusätzliches Geld."

Zu den „schlechten“ Instrumenten zählen laut Albrecht Zuzahlungen, Budgetierungen und Zwangsrabatte, unter anderem, weil sie undifferenziert wirken. Trotzdem werde man um sie kaum herumkommen. „Gute“ Instrumente wären Strukturreformen, die langfristig den Ressourceneinsatzes in der Versorgung effizienter machen. Dazu zählten etwa eine stärkere Leistungskonzentration in der Krankenhausversorgung, die Reform der Notfallversorgung und der Rettungsdienste und eine verbesserte Steuerung des Zugangs zur (fach-)ärztlichen Versorgung.