IGES-Impulspapier: „Konsequente Präventionsorientierung in der Pflege ist alternativlos“

Gesundheitsversorgung und Pflege in Deutschland müssen künftig stärker auf Prävention ausgerichtet werden. Dafür plädiert ein aktuelles Diskussionspapier von Experten des IGES Instituts, das am 16. Oktober im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung des IGES Instituts und der Initiative generationengerecht Pflege in Berlin vorgestellt wurde. Angesichts der alternden Babyboomer-Generation und absehbar steigendem Pflegebedarf sei eine konsequente Präventionsorientierung „alternativlos".

Berlin, 16. Oktober 2025 (IGES Institut) – Nur 0,05 Prozent der laufenden Gesundheitsausgaben der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) flossen 2023 in die Prävention. Bei der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sank der Anteil sogar von 1,7 Prozent (2015) auf 1,6 Prozent (2023), heißt es in dem Impulspapier, das für den Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) entstand.

Gesunde Lebensjahre der Bevölkerung nehmen ab

Die Folgen der mangelnden Präventionsorientierung seien klar sichtbar: So sank Daten das EU-Statistikamtes Eurostat zufolge in Deutschland die Zahl der gesunden Lebensjahre für Menschen ab 65 Jahren im Zeitraum von 2015 und 2022 deutlich - bei Frauen von 12,3 auf 8,6 Jahre, bei Männern von 11,4 auf 8,2 Jahre.

Eine Trendwende sei nur durch veränderte Bildungs- und Versorgungsstrukturen zu erreichen, die Menschen bereits in jungen und mittleren Jahren für Gesundheitsförderung und Prävention sensibilisieren.

Trendwende in der Pflege notwendig

Zudem sei eine grundlegende Trendwende in der Präventionsorientierung der Pflege erforderlich: Weg von verrichtungsbezogenen hin zu personenzentrierten Ansätzen, die Selbstständigkeit und Fähigkeiten von Pflegebedürftigen fördern und erhalten. Dafür müssten die Landesrahmenverträge zur ambulanten Pflege von der Selbstverwaltung überarbeitet werden.

Weiterhin sollten Menschen, die bei der Begutachtung zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit keinen Pflegegrad oder Pflegegrad 1 erhalten, „regelhaft auf entsprechende Präventionsmöglichkeiten und -angebote verwiesen und bei der Inanspruchnahme unterstützt werden,“ ist zu lesen.

Neue Pflege-Komplexleistung Gesundheitsförderung und Prävention

Im IGES-Papier wird konkret eine neue Komplexleistung „Gesundheitsförderung und Prävention bei Pflegebedarf" nach amerikanischem Vorbild mit standardisierter Bedarfsermittlung und Fallmanagement vorgeschlagen.

Problematisch hinsichtlich der Wirkungen der verausgabten Sozialversicherungsleistungen ist der steigende Anteil der Pflegegeldempfängerinnen und -empfänger zu bewerten: 2023 wählten 54,5 Prozent diese Leistungsart, 2009 waren es 45,6 Prozent. Diese Menschen würden oft ohne jegliche professionelle Unterstützung versorgt. Der Pflegegeldbezug sollte daher künftig regelhaft mit Beratungs- und Schulungsleistungen verknüpft werden, raten die Autoren.

Mehr über Prävention bei der Pflegeberatung sprechen

Nicht zuletzt wird die Notwendigkeit hervorgehoben, im Rahmen der Pflegeberatung das Thema Prävention stärker zu adressieren. Aus Studienergebnissen des IGES Instituts geht hervor, dass derzeit nur 12,7 Prozent der Beratungen nach § 7a SGB XI auch Möglichkeiten der Gesundheitsförderung bei pflegebedürftigen Menschen thematisieren.