Erhebliche regionale Unterschiede bei gefährlichen Keimen in Krankenhäusern

Experten fordern besseres Monitoring von multiresistenten Erregern in Kliniken und öffentlichen Zugang zu den Daten

Berlin, 27. Januar 2016 (IGES Institut) – In einigen Kreisen Deutschlands werden sechs Mal so viele Krankenhausfälle mit multiresistenten Erregern (MRE) dokumentiert als in anderen. Die meisten Fälle befinden sich in Kreisen Niedersachsens, die wenigsten in Bayern. Das zeigen Analysen des IGES Instituts von Daten des Statistischen Bundesamtes. Ursache regional höherer MRE-Raten ist jedoch nicht zwangsläufig eine schlechtere Hygiene als anderswo. Auch unterschiedliches Dokumentationsverhalten der Kliniken kann der Grund sein. Denn bisher fehlt ein bundesweit einheitliches, regional differenziertes und öffentlich zugängliches Erfassungssystem.

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Multiresistente Erreger (MRE) in deutschen Krankenhäusern

Durchschnittlich kamen im Jahr 2014 bundesweit 16,8 MRE-Nachweise auf 1.000 Krankenhausfälle. Die Regionen mit den meisten Fällen ziehen sich wie ein Band durch die Mitte Deutschlands: von der niederländischen Grenzen über Süd-Niedersachsen und Thüringen bis hin nach Oberfranken. Acht der zehn Kreise mit den bundesweit höchsten Werten von 28 bis 45 MRE-Fällen pro 1.000 Krankenhauspatienten liegen in Niedersachsen. Die zehn Kreise mit den niedrigsten Werten weisen hingegen nur sieben bis neun MRE-Nachweise je 1.000 Krankenhausfälle auf. Alleine sieben Kreise davon befinden sich in Bayern. Datengrundlage war die fallpauschalen-bezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) des Statistischen Bundesamtes.

Viele Initiativen ohne einheitliches Vorgehen

„Es gibt viele Vorgaben und Initiativen zur Erfassung von multiresistenten Erregern in Kliniken, aber kein einheitliches Monitoring, das öffentlich zugänglich ist“, erläutert IGES-Experte Dr. Stefan Loos. Da MRE-Infektionen potenziell lebensbedrohlich sind und mit hohen Behandlungskosten einhergehen, schlägt Loos ein regelmäßiges Monitoring im Rahmen der öffentlich zugänglichen Gesundheitsberichterstattung des Bundes und der Länder vor. Auffälligkeiten seien so besser zu identifizieren und die Basis für Versorgungsverbesserungen. Dazu müssten sich jedoch Bund und Länder auf ein einheitliches Vorgehen beim Erfassen der Daten einigen.

Vorgesehenes Behandlungsschema folgt nicht immer

Auffällig ist zudem, dass offenbar nicht jeder MRE-Nachweis zu dem dafür vorgesehenen Behandlungsschema führt. Dabei handelt es sich um ein umfassend geregeltes Vorgehen mit strikter Isolierung betroffener Patienten. So ist diese Komplexbehandlung in einigen Kreisen nie dokumentiert, in anderen Kreisen hingegen bei bis zu 90 Prozent der Fälle. Acht der zehn Kreise mit den niedrigsten Behandlungsraten zwischen null und zehn Prozent finden sich in Bayern. Die Kreise mit den zehn höchsten Behandlungsraten zwischen 67 und 89 Prozent streuen bundesweit. Bundesweit liegt die Rate im Mittel bei 37 Prozent.

Möglicherweise verfehlten einige Kliniken die strukturellen Anforderungen des MRE-Therapieregimes und könnten es somit nicht entsprechend abrechnen, erläutert Loos. Aber auch medizinische Entscheidungen könnten dies erklären: „Mehr Wissen über das Infektionsgeschehen hilft auch, die Versorgungsstrukturen besser anzupassen.“