Kurzzeitpflege: bessere Versorgung durch mehr Personal und fachlichen Austausch

Mehr Personal und strukturierter fachlicher Austausch in Kurzzeitpflegeinrichtungen verbessern die Versorgungsqualität besonders betreuungsintensiver Pflegegäste. Das zeigt sich vor allem beim Überleitungsmanagement und bei der Behandlungspflege nach Aufnahmen aus dem Krankenhaus oder aus häuslichen Krisensituationen. Kurzzeitpflegegäste mit diesen Aufnahmeanlässen erfordern deutlich mehr Betreuungszeit als andere.

Titel der Studie: Modellerprobung „Überleitungsmanagement und Behandlungspflege in der Kurzzeitpflege“

Hintergrund: Die Kurzzeitpflege gilt als anspruchsvoller und komplexer pflegerischer Leistungsbereich. Aus verschiedenen Quellen liegen Hinweise vor, dass die personellen Ressourcen der Kurzzeitpflegeeinrichtungen für ein systematisches Überleitungsmanagement und die Behandlungspflege vielfach nicht ausreichen. Fundierte Daten dazu fehlen bisher.

Fragestellung: Wie viel Zeit bringen Pflegekräfte für das Überleitungsmanagement und die Behandlungspflege von verschiedenen Pflegegästen auf? Wie verändern mehr Personal und fachlicher Austausch das Versorgungsgeschehen?

Methode: Schriftliche Befragung von Kurzzeitpflegeeinrichtungen, modellhafte Erprobung einer verbesserten Personalausstattung und fachlichen Begleitung (Interventionsstudie), Entwicklung eines Praxisleitfadens.

Ergebnisse: Die Betreuung von Kurzzeitpflegegästen mit den Aufnahmeanlässen Krankenhausaufenthalt oder häusliche Krisensituation ist deutlich zeitaufwändiger. Mehr Personal und strukturierter fachlicher Austausch verbessern die Qualität des Überleitungsmanagements und der Bedarfspflege.

Autoren: Dr. Bernd Deckenbach, Claudia Pflug
    
Auftraggeber: Bundesministerium für Gesundheit

Schlagwörter: Kurzzeitpflege, Überleitungsmanagement, Behandlungspflege, Personalressourcen, Versorgungsqualität

Berlin, 21. Januar 2020 (IGES Institut) - Das ist das Ergebnis einer vom Bundesministeriums für Gesundheit geförderten Modellerprobung, die das IGES Institut initiierte und wissenschaftlich begleitete. Sie zeigt erstmals, wie viel Zeit Kurzzeitpflegeeinrichtungen je nach Aufnahmeanlass für verschiedene Aufgaben des Überleitungsmanagements und für die Behandlungspflege aufbringen.

Mehr Zeitaufwand für das Überleitungsmanagement

So ist der durchschnittliche Zeitaufwand für das Überleitungsmanagement um etwa ein Drittel und für die Behandlungspflege um etwa zwei Drittel höher, wenn Gäste nach stationär akut behandelten Erkrankungen oder nach plötzlichen häuslichen Krisensituationen wie Verschlechterungen des Gesundheitszustandes in die Kurzzeitpflege kommen. Für das Überleitungsmanagement dieser Pflegegäste müssen Pflegekräfte während des gesamten Aufenthaltes in der Kurzzeitpflege durchschnittlich rund eine halbe Stunde mehr Zeit aufbringen als bei anderen Gästen, die etwa geplant in die Kurzzeitpflege kommen. Insgesamt sind es pro Pflegegast durchschnittlich zwei Stunden, bei den anderen eineinhalb Stunden.

Medikamentengabe häufigste Behandlungspflege

Der durchschnittliche Zeitaufwand für die Behandlungspflege nach akutstationären Aufenthalten beträgt pro Pflegegast etwa 6,5 Stunden, bei geplanten Aufnahmen aus der Häuslichkeit nur rund vier 4 Stunden. Allerdings überschreiten viele Einrichtungen diese Durchschnittswerte bei einzelnen Pflegegästen oft um ein Vielfaches, wie eine Befragung von Einrichtungen im Rahmen der Studie belegt.

Nahezu 60 Prozent der Zeit für die Behandlungspflege verwenden Pflegekräfte für Medikamentengaben. Dies ist die mit Abstand zeitaufwändigste behandlungspflegerische Einzelmaßnahme in der Kurzzeitpflege.

Aufwändige Suche nach fehlenden Dokumenten

Besonders zeitintensiv ist die Beschaffung fehlender Dokumente wie Überleitungsbögen, Arztbriefe oder Verordnungen. Bei 42 Prozent der Aufnahmen aus dem Krankenhaus fehlten nach Angaben von Kurzzeitpflegeeinrichtungen Unterlagen. Um diese zu organisieren müssen Einrichtungen pro Pflegegast durchschnittlich eineinviertel Stunden investieren. Pflegekräfte können dadurch aber auch mehrere Stunden pro Tag gebunden und tägliche Abläufe erheblich gestört sein.

Extra-Personal für das Überleitungsmanagement

Die IGES Studie zeigt ferner, wie mehr Personal zeitliche Entlastung bringt und die Betreuungsergebnisse verbessert. So erhielten neun solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen für ein Jahr 50.000 Euro, um zusätzliches Personal einzustellen, das sich ausschließlich um das Überleitungsmanagement und die Behandlungspflege vorrangig von Gästen mit Krankenhausaufenthalt oder einer Krisensituation kümmert. Ein gezielt für das Überleitungsmanagement konzipierter Praxisleitfaden mit klaren praktischen Festlegungen über den gesamten Aufenthalt von Pflegegästen sowie ein fachlicher Austausch aller Beteiligten sollte zusätzlich unterstützen.

Nahezu alle Prozesse verbesserten sich. Lag zu Beginn der Förderung der Anteil von Pflegegästen mit unvollständigen Unterlagen bei Aufnahmen aus dem Krankenhaus bei 37 Prozent, waren es nach dem Jahr nur noch rund 30 Prozent. Der Zeitaufwand für alle Aktivitäten des Überleitungsmanagements ging ebenfalls durchschnittlich um 19 Prozent zurück, weil Abläufe effizienter organisiert wurden.

Effizientere Prozesse in der gesamten Pflegeeinrichtung

Auch die Zufriedenheit aller Beteiligten veränderte sich. So stieg der Anteil der Mitarbeiter, die nach eigenen Angaben mit ihrer Arbeit zufrieden waren, von 44 auf 60 Prozent. Als Gründe dafür nannten sie neben der personellen Entlastung effizientere Abläufe nicht nur beim Überleitungsmanagement, sondern auch in der gesamten Einrichtung.
 
Zwei Drittel der Pflegegäste sahen sich gut auf die Zeit nach dem Kurzzeitpflegeaufenthalt vorbereitet. Auch Ärztinnen und Ärzte äußerten sich nach der Studie sehr zufrieden mit den behandlungspflegerischen Maßnahmen. Der Anteil der Ärzte, die sich über die Kurzzeitpflege ausreichend informiert fühlten, stieg von 77 auf rund 86 Prozent.

Praxisleitfaden soll allen Kurzzeitpflegeeinrichtungen helfen

Ein effektives Überleitungsmanagement sichert die gesetzliche vorgegebene Aufgabe der Kurzzeitpflege, Weichersteller für eine langfristige Betreuung Pflegebedürftiger zu sein, die idealerweise im häuslichen Umfeld stattfindet ist. Ein vorausgegangener Klinikaufenthalt ist der häufigste Anlass für Kurzzeitpflege. Jeder zweite Pflegegast kommt aus dieser Situation.

Der im Rahmen der Studie entwickelte und veröffentlichte Praxisleitfaden ist auch als Angebot für andere Einrichtungen gedacht. Zusammen mit den Studienergebnissen soll er dazu dienen, die Kurzzeitpflege weiter zu verbessern.