Covid-19: derzeit kein drohender Kollaps der intensivmedizinischen Kapazitäten

Die intensivmedizinischen Betten sind aktuell kaum mit Covid-19-Patienten belegt. Entwickelt sich die Zahl der Infizierten wie bisher weiter, ist die Versorgung schwer Erkrankter gesichert und es droht bis Mitte des Jahres kein Kollaps der intensivmedizinischen Versorgung. Das zeigen epidemiologische Analysen mit Daten aus der Zeit der großflächigen Eindämmungsmaßnahmen von März und April.

Berlin, 28. April 2020 (IGES Institut) - So machten Covid-19-Patienten Anfang April weniger als ein Viertel der Belegung intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten aus (Stand 3.04.2020). Insgesamt waren von den bundesweit verfügbaren Intensivbetten mehr als 40 Prozent frei, wie IGES-Experten in einer Studie für das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) berechnet haben.

Auch Ende April hat sich daran kaum etwas geändert. Vielmehr ist die Zahl der intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Patienten noch weiter gesunken: Von den 21.547 Intensivplätzen mit invasiver Beatmungsmöglichkeit („high care“) waren nur 13,6 Prozent (1.729 Betten) durch beatmete Covid-19-Patienten belegt. Insgesamt gab es 31.516 Plätzen in Intensivstationen, von denen knapp 41 Prozent frei waren.

Seit Mitte März kein exponentielles Wachstum der Covid-19-Fallzahlen

Ursache dieser geringen Beanspruchung durch Covid-19-Patienten sind zwei Entwicklungen: die sehr gedämpfte Verbreitungsdynamik des Coronavirus (SARS-CoV-2) sowie ein vergleichsweise hoher Anteil jüngerer Infizierter in Deutschland, die ein geringeres Risiko für schwere Verläufe haben. So wuchs bereits seit 17. März die Zahl der Covid-19-Fälle nicht mehr exponentiell. Das war vor Beginn des umfassenden Lockdowns mit Kontaktbeschränkungen sowie Schließung der Gastronomie und des Einzelhandels ab dem 22. März. Seit Ende der ersten Aprilwoche (14. Kalenderwoche) geht die Zahl der Covid-19-Patienten zurück, weil immer weniger Neu-Infizierte hinzukommen und zugleich immer mehr Betroffene genesen. Rund 67 Prozent der Betroffenen sind zwischen 15 und 59 Jahre alt.

Modellierung der Covid-19-Infektionen bis Jahresmitte

Die IGES-Experten modellierten zudem die weitere Infektionsverbreitung und die damit einhergehende Belastung des Gesundheitswesens bis Jahresmitte 2020 auf Basis von Daten von Anfang März bis Anfang April. Dies geschah unter der Annahme, dass die gedämpfte Infektionsgeschehen anhält, dabei aber die gegenwärtigen unspezifischen Eindämmungsmaßnahmen sukzessive durch spezifischere, aber ebenso effektive Maßnahmen ersetzt werden. Diesen Berechnungen zufolge läge die Zahl der Covid-19-Patienten Anfang Juni bei unter 30.000.

Anstieg der intensivmedizinischen Bettenkapazitäten seit 2002

Für die Simulationen nutzten die IGES-Experten ein Modell, dass die wesentlichen Zusammenhänge zwischen Infektionsrate, Eindämmungsmaßnahmen und Erwerbstätigkeit abbildet. Eingeflossen sind aktuelle Studien zur Epidemiologie von Covid-19, Daten des RKI sowie statistische Daten zur stationären Versorgung. Danach verfügt Deutschland unter den europäischen Ländern über die größten akutstationären Behandlungskapazitäten. Außerdem hat die Anzahl der intensivmedizinischen Betten im Zeitraum 2002 bis 2017 um rund 21 Prozent zugenommen, während sich die Anzahl der Betten insgesamt um 9,2 Prozent verringerte.