Häussler: Es gibt keine Ausgabenlawine

Die Arzneimittelausgaben werden im Vergleich zu anderen Ausgabenbereichen im Gesundheitswesen künftig nicht übermäßig steigen. Der IGES-Leiter Professor Bertram Häussler geht langfristig von einer Zunahme von jährlich etwa vier Prozent aus, wenn wie bisher rund 35 neue Präparate pro Jahr auf den Markt kommen. Ähnlich wüchsen auch andere Segmente im Gesundheitssystem. Davon unabhängig seien jedoch die Effekte von politischen Interventionen zu sehen.

Berlin, 29. März 2019 (IGES Institut) - „Es wird keine Ausgabenlawine geben, auch wenn die Preise in ungewohnte Höhe steigen“, sagte Häussler in einem Interview mit der Fachzeitschrift „Market Access & Health Policy“ über Erkenntnisse aus der jüngsten Ausgabe des IGES Arzneimittel-Atlas.

Er verwies darauf, dass ökonomisch betrachtet Einzelpreise moderner Arzneimitteln zwangsläufig stiegen, wenn sie von immer kleineren Patientengruppen in Anspruch genommen werden. So sei 2017 fast jedes zweite neue Medikament ein Orphan Drug gewesen. Dabei gehe es oftmals um 500 Patienten und weniger. Kaufmännisch bedeute dies, dass die gesamten Forschungs- und Entwicklungskosten auf ganz wenige Patienten umgelegt werden müssten. Ein noch höherer Einfluss auf die Einzelpreise bestehe, wenn eine Therapie nur in einer einzigen Spritze verabreicht werde, wie es bei vielen Gen-Therapien der Fall sei. Steigende Einzelpreise führten aber nicht automatisch zu Ausgabensteigerungen.

Ganz allgemein gelte laut Häussler: „Die Arzneimittelausgaben nehmen so lange zu, so lange neue nützliche Arzneimittel auf den Markt kommen. Diese reichern das Welterbe der Pharmazie an, aus dem sich die Medizin bedienen kann. Ich glaube, dass sich alle wünschen, dass dieses Welterbe noch größer wird.“ Er verwies auf den Innovationsschub in Onkologie und Immunologie, etwa im Bereich rheumatoide Arthritis, Multiple Sklerose aber auch Psoriasis (Schuppenflechte), der zu deutlichen Ausgabensteigerungen, aber auch deutlichen Versorgungsverbesserungen geführt habe.

Dennoch lägen die Ausgabensteigerungen im Jahr 2017 mit 3,9 Prozent fast exakt auf dem langjährigen Mittel von 3,8 Prozent, obwohl der Anteil an ganz neuen Arzneimitteln erneut gestiegen sei. Dafür hätten als Gegengewicht unter anderem zusätzliche Rabatte sowie neue Biosimilars und Generika wegen ausgelaufener Patente gesorgt, berichtet Häussler aus dem Arzneimittel-Atlas 2018, den Wissenschaftler des IGES Instituts seit 13 Jahren herausgeben. Der Arzneimittel-Atlas entsteht mit finanzieller Unterstützung des Verbandes der forschenden Arzneimittel-Hersteller (vfa).