Studie zeigt Ausmaß des Mangels an Kurzzeitpflegeplätzen in Bayern

In Bayern gibt es zu wenig Kurzzeitpflegeplätze. Pflegebedürftige und ihre Familien, aber auch Einrichtungen selbst spüren die belastenden Folgen dieses Mangels täglich. Dabei steigt der Bedarf aufgrund des demographischen Wandels weiter. Prognosen zeigen, dass im Freistaat in zehn Jahren zwischen 4.200 und 5.400 Kurzzeitpflegeplätze benötigt werden, darunter bis zu 4.100 zweckgebundene, nur für Kurzzeitpflege vorgesehene Plätze. Das ist mehr als das Fünffache des aktuellen Platzangebots an fixen Kurzzeitpflegeplätzen.

Berlin, 6. Dezember 2019 (IGES Institut) - Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des IGES Instituts für das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Danach verfügen derzeit nur sieben der 96 Landkreise und kreisfreien Städte Bayerns über ausreichend oder tendenziell ausreichend Kurzzeitpflegeplätze. Dazu gehören etwa die kreisfreie Stadt Passau, der Landkreis Neu-Ulm oder der Landkreis Kelheim. Dies zeigten die Befragungen von unterschiedlichen Akteuren im Bereich Pflege im Rahmen der Studie, etwa von Mitarbeitern aus Pflegeeinrichtungen, Beratungsstellen, Heimaufsichten oder Sozialdiensten der Krankenhäuser.

Bei zweckgebundenen Kurzzeitpflegeplätzen unter dem Bundesdurchschnitt

In Bayern gab es Ende 2018 landesweit nur 635 zweckgebundene, das heißt ausschließlich für Kurzzeitpflege zur Verfügung stehende, Kurzzeitpflegeplätze. Das entsprach rund 2,21 fixen Kurzzeitpflegeplätzen je 1.000 zu Hause versorgten Pflegebedürftigen. Mit diesem Wert lag Bayern ein Drittel unter dem Bundesdurchschnitt von 3,3 festen Kurzzeitpflegeplätzen je 1.000 daheim versorgter Menschen (Stand Ende 2017).

Immer weniger Kurzzeitpflegeplätze in stationären Pflegeheimen

Allerdings gibt es große regionale Unterschiede: Die Spannbreite in Bayern reicht von 0,59 Plätzen pro 1.000 ambulant versorgten Menschen in der Oberpfalz bis 3,81 Plätzen in Schwaben. Die Stadt Kempten etwa könnte den jahresdurchschnittlichen Bedarf an Kurzzeitpflege komplett mit zweckgebundenen Plätzen decken. Einige Kreise, wie etwa die Stadt Schwabach, der Landkreis Coburg oder der Landkreis Erding, haben dagegen überhaupt keine derartigen fixen Kurzzeitpflegeplätze. Sie sind ausschließlich auf eingestreute, flexibel nutzbare Plätze in stationären Einrichtungen angewiesen. Diese stehen aber im Zuge steigender Nachfrage nach Dauerpflege immer weniger zur Verfügung.

Anbieter für Kurzzeitpflege leiden unter Fachkräftemangel

Das Defizit an Kurzzeitpflegeplätzen hat mehrere Ursachen. So wurden in den vergangenen Jahren im Freistaat die ausschließlich für die Kurzzeitpflege gedachten Plätze bis 2017 kontinuierlich abgebaut. Zugleich stieg aber die Auslastung stationärer Pflegeeinrichtungen, die dadurch weniger Kurzzeitpflegegäste aufnehmen können. Als dritte Ursache nennen Pflegeeinrichtungen den zunehmenden Fachkräftemangel. So sind Pflegeplätze teilweise stillgelegt, weil Personal fehlt, oder es wird ein Kurzzeitpflegegast trotz vorhandenem Platz abgewiesen, weil das Personal überlastet ist.

Keine Pläne zum Ausbau des Kurzzeitpflegeangebots

Ungeachtet des spürbaren Mangels an Kurzzeitpflegeangeboten planen 80 Prozent der Einrichtungen nicht, ihr Angebot mittelfristig auszuweiten, wie die Befragungen im Rahmen der Studie ebenfalls belegten. Als Grund verweisen die Einrichtungen auf die schlechte Rentabilität der Kurzzeitpflege sowie auf den Fachpersonalmangel. Der Versorgungsaufwand der Kurzzeitpflegegäste, die häufig aus dem Krankenhaus kommen, übersteige oft die zu erzielenden Erlöse aus der Kurzzeitpflege.

Dabei steigt der Pflegebedarf in den kommenden Jahren Demografie bedingt an. Anders als in vielen anderen Bundesländern wird Prognosen zufolge die Bevölkerung Bayerns bis zum Jahr 2030 um drei Prozent auf rund 13,4 Mio. Menschen wachsen. Im Freistaat wird es dann mit 3,3 Millionen Bewohnern in der Altersgruppe ab 65 Jahre rund 640.500 mehr Ältere als 2017 geben. Den höchsten Anstieg mit 31 und 30 Prozent weisen Niederbayern und die Oberpfalz aus.

In 2030 Bedarf von bis zu 5.400 Kurzzeitpflegeplätzen

Die Zahl der benötigten Kurzzeitpflegeplätze im Jahr 2030 kann sich nach den IGES-Berechnungen je nach Szenario zwischen 4.200 und 5.400 bewegen. Das hängt unter anderem davon ab, ob der Anteil der Nutzer von Kurzzeitpflege unter den zu Hause versorgten Menschen wie bisher bei durchschnittlich 1,19 Prozent bleibt, oder ob dieser Anteil zunimmt, weil etwa Familien sich selbst künftig weniger um ihre Angehörigen kümmern können.

Eine erste Maßnahme zur Verbesserung der Situation der Kurzzeitpflege traf die Selbstverwaltung in Bayern ab 2018 mit der so genannten Vereinbarung „Fix plus x“: Verpflichtet sich eine vollstationäre Pflegeeinrichtung, eine bestimmte Anzahl eingestreuter Kurzzeitpflegeplätze zweckgebunden vorzuhalten, erhält sie verbesserte Konditionen für die Leistungsabrechnung der Kurzzeitpflegegäste.

Künftig vor allem mehr solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen schaffen

Um den künftig notwendigen Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen zu fördern, raten die IGES-Experten unter anderem dazu, vor allem mehr Einrichtungen zu schaffen, die ausschließlich Kurzzeitpflege anbieten, so genannte solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen mit entsprechend qualifiziertem Fachpersonal. Außerdem sei eine bessere Vergütung der im Vergleich zur Dauerpflege aufwändigeren Kurzzeitpflege erforderlich. Als weitere Maßnahmen nennen sie zudem eine verbesserte Transparenz über regional verfügbare Plätze sowie die Versorgungsqualität. Und sie empfehlen, Dokumentationspflichten in der Kurzzeitpflege anzupassen, statt analog zur Dauerpflege zu regeln.