Röntgenkontrastmittel: Studie zeigt Wege zu besserem Gewässerschutz

Die in der Medizin verwendeten, iodhaltigen Röntgenkontrastmittel für radiologische Untersuchungen und Behandlungen gelangen nahezu unverändert in Gewässer. Durch spezielle Urinbeutel für Patienten daheim oder durch separate Toiletten in medizinischen Einrichtungen ließen sich jedoch Tonnen von Kontrastmitteln zurückhalten. Nach Analyse bisheriger Pilotprojekte zum Sammeln von Patientenurin, machen Experten nun Vorschläge zur Bündelung und zum Ausbau von Maßnahmen. Wichtig ist es zudem, mehr über derartigen Gewässerschutz aufzuklären, um Patienten zum Mitmachen zu gewinnen.

Berlin, 01. September 2021 (IGES Institut) – Das ist das Ergebnis einer Studie der IGES Gruppe, darunter das Medizintechnikberatungsunternehmen AiM, und des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI. Die Untersuchung wurden von sieben Pharmaunternehmen* finanziert. Weitere fachliche Unterstützung kam von Mitgliedern des sogenannten Runden Tisches "Röntgenkontrastmittel" im Rahmen der Spurenstoffstrategie des Bundes.

Ziel der Studie war es, ökologische Wirkungen und kreislaufwirtschaftliche Chancen von Urin-Sammelmaßnahmen abzuschätzen, deren Kosten zu bewerten, aber auch zu zeigen, wie derartige Lösungen ins Gesundheitswesen organisatorisch und finanziell integriert werden können. In Abhängigkeit der konkreten Maßnahmenumsetzung, können sich laufende Kosten von wenigen Euro pro Patient, eventuell auch signifikante Investitionen für medizinische Einrichtungen ergeben.

Als Röntgenkontrastmittel kommen hauptsächlich jodhaltige Verbindungen zum Einsatz. Mehr als 600 Tonnen jodierte Kontrastmitteln wurden 2019 in Deutschland verkauft, wie eine Befragung im Rahmen der Studie ergab. Das entspricht mehr als 300 Tonnen Jod. Patientinnen und Patienten scheiden sie innerhalb von 24 Stunden über den Urin fast vollständig und nahezu unverändert aus. Kläranlagen können sie aber nur unzureichend entfernen, sodass die Arzneistoffe in den Wasserkreislauf geraten.

Die Auswertungen zu bisherigen Pilotprojekten mit Auffangtechniken zeigen, dass zwischen 25 und 30 Prozent der Patienten ohne größere Umstände bereit sind, in den ersten vier bis fünf Stunden nach der Untersuchung Urinbeutel zu nutzen, weil sie ein persönliches Interesse an Umweltthemen haben. Würden 30 Prozent der Patienten auf diese Weise mitmachen, ließen sich knapp über 20 Prozent der verabreichten iodhaltigen Kontrastmittel und damit mehr als 143 Tonnen pro Jahr zurückhalten. Wird diese Maßnahme weitgehend in die Ablaufroutine der medizinischen Untersuchungen und Behandlungen integriert, ließen sich die Teilnahme und somit die zurückgehaltene Menge sogar noch deutlich steigern.

Um die Patienten zu motivieren, entweder die gesonderten Toiletten der Einrichtung zu nutzen oder die Beutel mit nach Hause zu nehmen, ließe sich die Aufforderung dazu beispielsweise in das das ärztliche Aufklärungsgespräch der Untersuchung integrieren. Um den Aufwand für das Personal möglichst gering zu halten, empfiehlt das Autorenteam der Studie, Informationsmaterialien dazu zentral zu erarbeiten und zu verbreiten, etwa durch das Bundesumweltministerium. Für die Investitions- und Betriebskosten der neuen Toilettensysteme zeigen sie verschiedene Förder- und Erstattungsmöglichkeiten auf. Wichtig sei, für die breitere Evaluation genug Zeit – mindestens ein Jahr – einzuplanen, um auch die Effekte der Integration der Maßnahmen in die Alltagsroutinen erfassen zu können.

Die Erkenntnisse aus der Studie sollen die Grundlage für größer skalierte Umsetzungen als bisher in mehreren Regionen bilden. Die Pilotstandorte sollten bundesweit verteilt sein, um das Thema breit bekannt zu machen und länderspezifisch viele Akteure einzubinden. Wichtig ist es zudem, stets ein Gewässer-Monitoring sowohl in den Einrichtungen als auch an den Kläranlagen und in Gewässern zu integrieren.