Wie brandenburgische Pflegestützpunkte dem steigenden Beratungsbedarf begegnen können

Beratungsangebote ausbauen, Bekanntheit stärken und Vernetzung fördern – so könnten die Pflegestützpunkte in Brandenburg künftig noch umfassender und zielgerichteter beraten. Zwar sind die Nutzer mit den bestehenden Beratungsstellen zufrieden. Doch erfordert die in Brandenburg in den kommenden Jahren besonders starke demografische Alterung einen regional angepassten Ausbau der Beratungsangebote für die Bevölkerung.

Berlin, 23. September 2021 (IGES Institut) – Das geht aus einer Evaluation der Arbeit der Pflegestützpunkte (PSP) in Brandenburg hervor, die Expertinnen und Experten des IGES Instituts im Auftrag des brandenburgischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz erstellt haben.

Demnach haben sich die derzeit landesweiten 42 PSP (Stand: 04.06.2021) als Anlaufstellen für Ratsuchende gut etabliert und sind auch im bundesweiten Vergleich gut aufgestellt, urteilen die Evaluatoren. Allerdings sind vor allem in ländlicheren oder strukturschwachen Regionen Brandenburgs Angebotslücken zu finden, weshalb Ratsuchende teilweise weite Wege auf sich nehmen müssen, um Beratung zu Pflege und Versorgung in Anspruch nehmen zu können. Die IGES-Expertinnen und Experten raten daher, bestehende Stellen auszubauen, etwa durch mehr Personal, kundenorientiertere Öffnungszeiten und mehr digitale Angebote, oder weitere Stellen zu eröffnen.

Die derzeit knapp 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der PSP leisten am häufigsten Pflegeberatung, Fallbegleitung (Case Management) und Sozialberatung. In einigen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten beraten sie darüber hinaus zu technischen Hilfen im Alltag, bei Wohnraumfragen oder bei Fragen im Zusammenhang mit Demenzerkrankungen.

Neue Beratungsthemen bei Ratsuchenden in Pflegestützpunkten

Die Studie identifizierte jedoch auch bislang unbefriedigte Bedarfe bei den Nutzerinnen und Nutzern der PSP. Entsprechend sollten die Beratungsangebote auch inhaltlich weiterentwickelt werden, über die Beratung zu leistungsrechtlichen und pflegefachlichen Fragen hinaus: etwa Beratung im Umgang mit Konfliktsituationen oder bei Pflegerechtsfragen, auch in Kooperation mit anderen Akteuren. Zudem sollten Fallbegleitung und aufsuchende Beratung – Hausbesuche - häufiger und spezialisiert für unterschiedliche Zielgruppen angeboten werden. Mehr Kapazitäten dafür könnte etwa der Einsatz digitaler Instrumente freisetzen, wie etwa Beratung in Videokabinen oder zeitgemäße, technische Arbeitsmittel, um die Beraterinnen und Berater bei der Dokumentation und Verwaltung zu entlasten.

Ein Drittel der Arbeitszeit für Verwaltungsarbeit

Neben der eigentlichen Beratung nehmen, so die Erkenntnisse der Evaluation, administrativ-koordinierende, kundenunabhängige Aufgaben etwa ein Drittel der täglichen Arbeitszeit der Beraterteams ein. Zusätzliche Arbeitskräfte für derartige Aufgaben würden den Beraterteams mehr Zeit für die eigentliche Beratung der Hilfesuchenden eröffnen.

Personalstärke reicht für Aufgaben nicht aus

Die IGES-Wissenschaftler konstatieren aber auch, dass die derzeitige Personalausstattung der PSP von etwa 2,3 Vollzeitstellen pro Landkreis bzw. kreisfreie Stadt nicht ausreicht, um die gesetzlich für die PSP vorgesehenen Aufgaben zu bewältigen.

Weiteren Verbesserungsbedarf sehen die IGES-Experten bei der Netzwerkarbeit und der Bekanntheit der PSP in der Bevölkerung. Ziel sollte es sein, die verbindliche Vernetzung der Leistungserbringer in der Region voranzutreiben, um gemeinsam Versorgungspfade zu gestalten, Verantwortlichkeiten zu benennen und damit die Kontinuität in der Beratung und Versorgung pflegebedürftiger Personen zu verbessern. Bisher haben nur 17 Prozent der PSP mit einzelnen Akteuren schriftliche Vereinbarungen zur Zusammenarbeit getroffen. Um die Bekanntheit der PSP in Brandenburg und damit auch Kooperationsmöglichkeiten voranzutreiben, empfiehlt das IGES-Expertenteam, die Öffentlichkeitsarbeit, etwa in Form regionaler Kampagnen oder mit Hilfe von Werbung voranzutreiben.

Berater haben Vermittlungsprobleme aufgrund regionaler Engpässe

Ratsuchende waren mehrheitlich zufrieden mit der Beratung in den PSP, wie Befragungsergebnisse verdeutlichten. Jeweils mehr als 90 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer gaben an, dass all ihre Fragen beantwortet werden konnten, Erläuterungen verständlich waren und sie Klarheit über die nächsten Schritte erlangten. Etwa jeder Zweite äußerte, ausreichend Unterstützung bei der Organisation der pflegerischen Versorgung zu erfahren. Umgekehrt äußerte etwa jeder zweite Berater Probleme zu haben, Ratsuchenden konkrete Hilfe, also einen Anbieter pflegerischer oder sonstiger Leistungen, zu vermitteln, weil es regionale Engpässe gibt.

Die demografische Alterung trifft Brandenburg im Vergleich zu den anderen Bundesländern in den kommenden Jahren besonders stark: Nach Prognosen des Deutsches Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) wird das Land bis 2035 zusammen mit Schleswig-Holstein mit plus 58 Prozent den vierthöchsten relativen Zuwachs an über 80-Jährigen zu verzeichnen haben.