Überdurchschnittlicher Krankenstand in Personalmangel-Berufen

Personalmangel kann krank machen. In vielen Berufen mit Fachkräftemangel ist der Krankenstand im Jahr 2022 überdurchschnittlich hoch, teilweise um mehr als 25 Prozent über dem Gesamtkrankenstand. Generell ist das dritte Pandemiejahr 2022 das Jahr mit dem höchsten Krankenstand seit 25 Jahren. Dies verschärft die Lage in Personalmangel-Berufen noch zusätzlich. So gibt jeder vierte Beschäftigte als Ursache von Personalmangel ein generelles Mitarbeiterdefizit und ungewöhnlich viele krankheitsbedingte Ausfälle von Kolleginnen und Kollegen an.

Berlin, 19. April 2023 (IGES Institut) - Das geht aus dem DAK-Gesundheitsreport 2023 hervor, für den das IGES Institut Daten von 2,4 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten und zusätzlich Befragungsergebnisse von mehr als 7.000 Erwerbstätigen zum Thema Personalmangel ausgewertet hat.

Krankenstand in Mangelberufen bis zu sieben Prozent

Danach liegt der Krankenstand im Jahr 2022 bei 5,5 Prozent und ist damit im Vergleich zum Vorjahr mit einem Wert von 4,0 Prozent massiv angestiegen. In Berufsgruppen mit den größten Fachkräftelücken liegt er deutlich höher: etwa in der Altenpflege mit einem Krankenstand von 7,0 Prozent, im Bereich der Kinderbetreuung oder in Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufen wie etwa bei Kfz-Technikern, Bus- und Lkw-Fahrern mit jeweils 6,8 Prozent. Lediglich in der vom Fachkräftemangel stark betroffenen IT-Branche bewegt sich der Krankenstand mit 3,6 Prozent sogar unter dem Bundesdurchschnitt.

Beschäftigte in der Altenpflege und der Kinderbetreuung respektive Erziehung fehlten durchschnittlich 25 Tage im Jahr 2023. Das sind fünf Tage mehr als im Durchschnitt.

Viele Fehltage infolge psychischer Leiden bei Krankenpflegekräften

Verantwortlich für den hohen Krankenstand sind je nach Branche unterschiedliche Krankheitsbilder. In den Verkehrs- und Logistikberufen gehen überdurchschnittlich viele Fehltage auf Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems zurück. In medizinischen Gesundheitsberufen wie in der Krankenpflege treten überdurchschnittlich viele Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen auf: Psychische Leiden führen in 2022 durchschnittlich zu 301 Fehltagen pro 100 ganzjährig Versicherte, in den medizinischen Gesundheitsberufen sind es jedoch 384 Fehltage pro 100 ganzjährig Versicherte.

Personalmangel bei der Hälfte der Beschäftigten

Generell erlebt fast die Hälfte aller Beschäftigten in Deutschland regelmäßig Personalmangel, ergab die Befragung. Betroffene berichten von Folgen: Etwa jeder Zweite kann in der Freizeit nicht abschalten oder verzichtet auf Sport. Ein Drittel leidet unter Schlafstörungen oder Beschwerden des Muskel-Skelett-Systems, knapp ein Viertel unter Kopfschmerzen.

Krankheitsausfälle und Mitarbeitermangel häufigsten Ursachen

Die am häufigsten genannten Ursachen des erlebten Personalmangels sind unerwartete Krankheitsausfälle von Kolleginnen und Kollegen und genereller Mitarbeitermangel für die zu bewältigen Aufgaben. Für knapp ein Viertel der Beschäftigten trafen beide Situationen zu. Damit hat ein hoher Krankenstand, wie er in 2022 auftrat, die knappe Personaldecke noch verschärft.

Arbeitszeitreduktion als Ausweg

Beschäftigte reagieren auf verschiedene Art und Weise auf die durch den Personalmangel empfundene Belastung. Knapp jeder Vierte arbeitet verstärkt im Homeoffice. Sechs Prozent haben bereits Arbeitszeit reduziert und 19 Prozent erwägen dies, was die Arbeitslast im Team noch weiter erhöhen dürfte.

In stark betroffenen Berufsgruppen haben Beschäftigte besonders deutlich reagiert: Unter den Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern haben bereits 17 Prozent Arbeitszeit reduziert und weitere 26 Prozent denken darüber nach.

Wunsch nach Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz

Von den Beschäftigten, die regelmäßig Personalmangel erleben, gibt nur knapp ein Drittel an, dass sich der eigene Betrieb für das Wohlergehen seiner Mitarbeiter engagiere. 29 Prozent berichten, dass ihr Betrieb die Mitarbeitergesundheit fördere. Auffällig ist, dass von Beschäftigten ohne wahrgenommenen Personalmangel nur 52 Prozent angeben, dass am Arbeitsplatz die Gesundheit unterstützt werde. Dabei ist der Wunsch nach Maßnahmen zur Gesundheitsförderung groß: Bei Beschäftigten mit häufigem Personalmangel äußern dies rund 90 Prozent.