Zehn Jahre Transplantationsgesetz: Studie zeigt aktuelle Lage der Transplantationsmedizin

Der Deutsche Bundestag hat das Bundesministerium für Gesundheit gebeten, die Rahmenbedingungen der Transplantationsmedizin zu evaluieren. Hiermit wurde das IGES Institut beauftragt, das nun den Abschlussbericht vorgelegt hat. Ein Ergebnis ist, dass Verabschiedung des Transplantationsgesetzes im Jahr 1997 kein deutlicher Zuwachs von Organspendern verzeichnet werden kann.

Berlin, 30. Juni 2009 (IGES Institut) - Im Rahmen der Transplantations-Studie wurden umfangreiche Literaturrecherchen durchgeführt und die zentralen Akteure aus dem Bereich der Transplantationsmedizin in Interviews und Gruppendiskussionen um ihre Einschätzung gebeten. Der vollständige Bericht (BT-Drs. 16/13740) wurde Ende Juni 2009 dem Deutschen Bundestag zugeleitet. Im folgenden werden ausgewählte Ergebnisse dieses Berichts vorgestellt.

Anhaltender Organmangel in Deutschland führt zu langen Wartelisten

Seit Verabschiedung des Transplantationsgesetzes im Jahr 1997 konnte kein deutlicher Zuwachs von Organspendern verzeichnet werden. Nachdem die Zahl der postmortalen Organspender seit 1998 von 1.111 auf 1.313 im Jahr 2007 gestiegen war, ging sie 2008 auf 1.198 zurück. Lediglich die Zahl älterer Organspender konnte in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet werden. Aufgrund des Organmangels standen Ende 2008 rund 12.000 Patienten auf einer Warteliste für ein Organ; rund 1.000 von ihnen sterben jedes Jahr. Im internationalen Vergleich der Organspenderzahlen nimmt Deutschland nur einen Mittelplatz ein. Andere Länder wie z. B. Spanien, Belgien und Österreich weisen - bezogen auf ihre Einwohnerzahen - deutlicher mehr Organspender auf.

Ängste, geringe Spendenbereitschaft, unzureichende Aufklärung

Dieser Organmangel ist unter anderem auf die geringe Spendenbereitschaft der Bevölkerung zurück zu führen. Zwar ist die passive Zustimmung der Bevölkerung zur Organ- spende recht hoch, eine weitergehende Auseinandersetzung mit diesem Thema erfolgt jedoch kaum. Auch das Wissen der Bevölkerung über die Organspende ist vergleichsweise gering und nur Wenige besitzen einen Organspende- ausweis. Vielfach verbreitet sind dagegen Ängste im Hinblick auf die Organspende. Die erste Hürde besteht oft darin, sich überhaupt mit dem Thema Organspende zu beschäftigen, da dies zugleich eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod bedeutet. Hinzu kommen Befürchtungen, dass für einen potenziellen Organspender im Notfall nicht alles medizinisch Notwendige getan werden könnte und dass der für die Organspende ausschlaggebende Hirntod nicht der „richtige“ Tod sein könnte. Die bisherigen Aufklärungsmaßnahmen zur Organspende haben sich als unzureichend erwiesen. Daher sollte die Aufklärung der Bevölkerung zur Organspende ausgeweitet, zielgruppengerechter gestaltet und auf ihre Wirkung hin überprüft werden.

Koordination der Organspende muss verstärkt werden

Die Spende und Transplantation von Organen ist ein komplexer Prozess, an dem eine Vielzahl von Akteuren beteiligt ist. Mit der Koordinierung wurde die Deutsche Stiftung Organspende (DSO) beauftragt. Die Tätigkeit der Koordinierungsstelle wird grundsätzlich positiv gewertet; teilweise wird ein Ausbau ihres Leistungsangebotes und eine Aufstockung der Zahl der für die DSO tätigen Koordinatoren gewünscht. Auch die Stellung der in den Krankenhäusern für die Koordination und Förderung der Organspende tätigen Transplantationsbeauftragten sollte gestärkt werden.

Krankenhäuser beteiligen sich nicht ausreichend an Organspende

Für die Durchführung einer Organentnahme kommen grundsätzlich nur Krankenhäuser mit einer Intensivstation infrage. Diese Krankenhäuser sind gesetzlich verpflichtet, potenzielle Organspender an die DSO zum melden. 2007 haben sich allerdings nur 46 % der relevanten Kranken- häuser an der Organspende beteiligt und mindestens einen Patienten als möglichen Spender gemeldet. Diese niedrige Melderate wird vielfach als unzureichend angesehen. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Offensichtlich fehlt es den Krankenhäusern häufig sowohl an den Mitteln als auch an den Anreizen, sich stärker um die Organspende zu kümmern. Hier sollte zunächst die Qualitätssicherung verbessert werden, um darauf aufbauend gezielte Maßnahmen zur Erhöhung der Beteiligung der Krankenhäuser ergreifen zu können.

Organisation der Organvermittlung hat sich bewährt

Die Vermittlung von gespendeten Organen an einen Organempfänger erfolgt zentral durch die niederländische Stiftung Eurotransplant. Dies hat sich in der Praxis offenbar bewährt; die Arbeit der Vermittlungsstelle wird vielfach gelobt. Kritik gibt es dagegen an den rechtlichen Grundlagen der Tätigkeit der Vermittlungsstelle. Auch die hohe fachliche Qualität der durch die Bundesärztekammer erlassenen Richtlinien zur Organvermittlung wird überwiegend hervorgehoben; Kritiker fordern allerdings vom Gesetzgeber konkretere gesetzliche Vorgaben für die Organvermittlung.