Studie: positive Arbeitserlebnisse in der Pflege offensiver zeigen

Pflegeeinrichtungen können an vielen Stellschrauben drehen, um attraktiv für Beschäftige zu sein. Und sie sollten ihre Anstrengungen offensiver und transparenter am Arbeitsmarkt bei der Personalrekrutierung kommunizieren. Vor allem Maßnahmen, durch die Pflegekräfte mehr Wertschätzung und Unterstützung im Arbeitsalltag erleben sowie mehr Zeit für die Pflege und menschliche Zuwendung gewinnen, machen Beschäftigte zufriedener. Dies wiederum stärkt die Mitarbeiterbindung und trägt dazu bei, mehr Menschen für Pflegeberufe zu gewinnen und vor allem in der Pflege zu halten. Nicht zuletzt verbessert dies die öffentliche Wahrnehmung der Pflege insgesamt.

Berlin, 17. Mai 2023 (IGES Institut) - Das sind Ergebnisse der Studie „Entwicklung von Indikatoren zur Darstellung guter Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege“ des IGES Instituts, die in Kooperation mit dem Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) und der Karla Kämmer Beratungsgesellschaft für das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) entstand. Ziel war es, Kriterien zu finden, an denen sich gute Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege identifizieren lassen.

18 Indikatoren für gute Arbeitsbedingungen in der Pflege

Das Autorenteam hatte dafür die internationale wissenschaftliche Literatur zum Thema Attraktivität von Arbeitsplätzen in der Pflegebranche analysiert und mithilfe einer Expertenbefragung 18 Indikatoren extrahiert, die dabei eine besonders große Rolle spielen und zur Darstellung in der Öffentlichkeit geeignet sind: Danach ist der wichtigste Indikator für einen guten Arbeitsplatz in der Pflege Wertschätzung und Unterstützung im Arbeitsalltag - sowohl durch Vorgesetzte als auch durch Kollegen und Kolleginnen. Am zweitwichtigsten ist es für Angestellte, ausreichend Zeit für die Pflege und für menschliche Zuwendung zu haben. An dritter Stelle rangieren die Themen Arbeitsklima und Konflikte im Team gefolgt von Möglichkeiten, die Arbeitszeit mitgestalten zu können.

Interessant ist, dass die Entlohnung nicht auf den ersten Rängen zu finden ist, wenn es um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege geht. Nach Einschätzung der Studienautoren ist dies auch ein Resultat der im Branchenvergleich überdurchschnittlichen Lohnsteigerungen der vergangenen Jahre in der Pflege.

Testläufe in Einrichtungen der Langzeitpflege

Teil der Studie war eine praktische Erprobung der identifizierten Indikationen in 17 Einrichtungen der stationären, der ambulanten und der teilstationären Langzeitpflege: Nach einer initialen Beschäftigtenbefragung zum Status-quo der dortigen Arbeitsbedingungen wurden, angeleitet durch externe Beraterinnen und Berater, je Einrichtung zwei bis drei geeignete Indikatoren mit Verbesserungspotenzial ausgewählt. In diesen Bereich wurden dann aus einem Instrumentenkoffer der Karla Kämmer Beratungsgesellschaft geeignete Maßnahmen ausgewählt und umgesetzt. Abschließend wurden die Beschäftigten dazu befragt.

Positive Veränderungen nehmen Pflegekräfte wahr

Deutlich wurde dabei, dass die Pflegenden Veränderungen bei den Arbeitsbedingungen sehr schnell positiv honorieren. Bereits nach nur sechs Monaten sagten 80 Prozent der Befragten, dass sie mit den Bemühungen ihres Arbeitsgebers für bessere Arbeitsbedingungen sehr zufrieden (26 Prozent) oder zufrieden (53 Prozent) sind – trotz der während der Probephase bestehenden schwierigen Rahmenbedingungen durch die Corona-Pandemie.

Anstrengungen für gute Arbeitsbedingungen sichtbar machen

Die Studie zeigt auch, dass die meisten der Einrichtungen ihre Erfolge bei der Mitarbeiterbindung zu wenig nach außen kommunizieren. Arbeitgeber sollten daher bei der Personalrekrutierung nicht unpersönliche Stellenanzeigen veröffentlichen, die lediglich Aufgaben und Anforderungen der Bewerber listen. Vielmehr sollten sie gezielt und anschaulich auf ihre besonderen Aktivitäten für das Arbeitsklima und die Arbeitsbedingungen hinweisen. Beschäftigte als Testimonials, Teambilder und zudem Darstellungen in den sozialen Medien eigneten sich dafür, so die Studienautoren.

Mitarbeiterbefragungen in Pflegeeinrichtungen als Start

Die Studienautoren empfehlen zudem, mithilfe von Mitarbeiterbefragungen im eigenen Unternehmen zunächst zu erfassen, wo Schwierigkeiten bestehen, und die Befragungsergebnisse anschließend im Team zu reflektieren. Nicht alle Probleme müssten im Anschluss gleichzeitig angegangen werden. Zur Umsetzung geeigneter Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen stünden viele erprobte Konzepte und geeignete Interventionen bereit.

Dr. Grit Braeseke, Studienleiterin und Leiterin des Bereichs Pflege am IGES Institut, fasst die Ergebnisse so zusammen: „Die Arbeitgeberattraktivität in der Pflege kann noch deutlich gesteigert werden, vor allem durch betriebliche Veränderungen in den Bereichen Führung, Arbeitsorganisation und Arbeitszeitgestaltung oder Personalentwicklung.“

Die Studie entstand im Rahmen der „Konzertierten Aktion Pflege“ (KAP), einer im Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD-Bundesregierung von 2018 beschlossenen Initiative, um die Pflegebedingungen und das Ansehen des Pflegeberufs zu verbessern.