Gutachten zur zukünftigen Krankenhausversorgung in Schleswig-Holstein

Der Großteil der Menschen in Schleswig-Holstein erreicht derzeit gut ein Krankenhaus, auch wenn in den vergangenen Jahren Klinikstandorte weggefallen sind. Doch es wird künftig zu einer weiteren Konzentration in der Krankenhauslandschaft kommen, da sich die Rahmenbedingungen für Kliniken verschärfen. Im Fokus sollten dabei Standorte stehen, durch deren Wegfall gegenwärtig eine flächendeckende Versorgung gefährdet wäre. Experten empfehlen, die zukünftige stationäre Versorgung aktiv zu gestalten und dringend einen neuen Krankenhausplan aufzusetzen.

Berlin, 27. Juni 2023 (IGES Institut) - Das geht aus einem Gutachten des IGES Instituts für die norddeutsche Friedrich-Ebert-Stiftung (Julius-Leber-Forum) hervor. Darin beleuchten Experten die aktuelle Krankenhausversorgung in Schleswig-Holstein anhand von öffentlich zur Verfügung stehenden Daten und geben Handlungsempfehlungen für die künftige Krankenhausplanung.

In dem nördlichsten Bundesland existierten im Jahr 2021 insgesamt 92 Krankenhäuser, nachdem in den Jahren zuvor Kliniken weggefallen sind. Die Anzahl der Betten blieb dennoch konstant und lag im Jahr 2021 bei 15.882. Umgerechnet kommen somit auf 1.000 Einwohner 5,4 Betten; bundesweit sind es 5,8 Betten.

Jedes zweite Krankenhaus oft kleines Fachkrankenhaus oder Belegklinik

Rund die Hälfte der Kliniken sind – vielfach kleine – Fachkrankenhäuser und Belegkliniken, die meist nicht an der Notversorgung teilnehmen. Zudem verteilen sich die Krankenhausfälle sehr ungleich: Die 19 größten Kliniken – ein gutes Fünftel aller Krankenhäuser – erbrachten zusammen knapp drei Viertel aller vollstationären Fälle im Jahr 2021.

Unterauslastung bei den Krankenhausbetten

Hinweise, ob die derzeitige stationäre Versorgung bedarfsgerecht ist, gibt die Auslastung der Krankenhausbetten. Diese lag im Jahr 2021 in Schleswig-Holstein bei 70,8 Prozent, knapp drei Prozent über dem Bundesschnitt mit 68 Prozent. Dies ist deutlich weniger, als es der Landeskrankenhausplan mit einer Sollauslastung je nach Fachgebiet zwischen 80 und 95 Prozent vorsieht. Dies zeigt eine Unterauslastung der Krankenhauskapazitäten an. Das korrespondiert mit rückgehenden Zahlen bei den Klinikpatienten. Nach Höchstwerten in den 2010er Jahren geht diese Zahl seit 2016 zurück.

Zugenommen hat hingegen die Zahl der Beschäftigten in den Kliniken: So lag die Zahl der Vollkräfte im ärztlichen Dienst im Jahr 2021 um rund 21 Prozent höher als 2010. Bei den Vollzeitkräften im Pflegedienst lag das Plus in dieser Zeitspanne bei 28 Prozent; bundesweit waren dies 21 Prozent. Dennoch gibt es weiterhin zum Teil erheblichen Personalmangel, der durch Teilzeitarbeit, Krankenstand und Personaluntergrenzen weiterwachsen wird.

Anfahrtswege für Patienten überwiegend gut

Für Schleswig-Holstein fehlen zwar aktuelle Daten zu den Anfahrtswegen zu Krankenhäusern. Angaben aus dem Jahr 2016 zeigen jedoch, dass etwa 78 Prozent der Bevölkerung maximal 15 Minuten mit dem Auto fahren muss, um ein Krankenhaus der Grundversorgung zu erreichen. Zu Standorten mit Notfallversorgung gelangt der Großteil der Bevölkerung innerhalb von maximal 20 Minuten per Pkw.

In den kommenden Jahren wird es zu einer weiteren Konzentration der Krankenhauslandschaft kommen. Dazu tragen der sich weiter verschärfende Personalmangel und ein weiterer Rückgang der Fallzahlen in den Kliniken, weil Behandlungen zunehmend ambulant erfolgen werden. Aber auch der wachsende wirtschaftliche Druck auf die Kliniken oder bundespolitische Vorgaben werden eine Konzentration der Krankenhausversorgung fördern.

Zusammenhang zwischen Erreichbarkeit und Qualität der Versorgung beobachten

Im Blick der Krankenhausplanung sollten dem Gutachten zufolge Regionen bleiben, in denen ein Wegfall einzelner Kliniken die Erreichbarkeit eines Krankenhauses gegenwärtig für viele Menschen deutlich verschlechtern würde, wovon auch die Notfallversorgung betroffen wäre. Zu den versorgungsrelevanten Kliniken im Bereich der Grundversorgung gehören etwa das Klinikum Nordfriesland (Niebüll), das Westküstenklinikum Heide oder das Klinikum Nordfriesland in Husum.

Allerdings ist jedoch unklar, inwieweit eine Verschlechterung der Erreichbarkeit auch zu einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung führt.

Auf der anderen Seite gibt es vor allem in Holstein eine Vielzahl von Fachkliniken. Dort würde ein Wegfall die Erreichbarkeit der Krankenhausversorgung nicht zwangsläufig verschlechtern, weil es in ihrem Umkreis noch andere Krankenhausstandorte gibt. Insbesondere würde dadurch auch nicht die Notfallversorgung betroffen, weil Fachkliniken häufig nicht an der Notfallversorgung teilnehmen.

Dringend Krankenhausplan aktualisieren

Die Krankenhausplanung in Schleswig-Holstein sollte dem Gutachten zufolge die absehbare weitere Konzentration der stationären Versorgung aktiv gestalten. Dazu ist ein neuer Krankenhausplan erforderlich, da der vorausgegangene aus dem Jahr 2017 stammt und zuletzt im Jahr 2019 fortgeschrieben wurde.

Der neue Krankenhausplan sollte die Krankenhausversorgung mit Blick auf die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung mehr an zentralen Standorten konzentrieren, soweit dadurch nicht eine ausreichende Erreichbarkeit der Standorte für die Bevölkerung vor allem im Notfall gefährdet wird. Erforderlich dafür sind unter anderem neue, sektorenübergreifende, auch telemedizinisch unterstützte Versorgungsangebote, ein optimal organisierter Rettungsdienst sowie ein zielgerichteter Einsatz ausreichender Investitionsmittel, um die Krankenhausversorgung zukunftsorientiert umzugestalten.