Studie: Ältere Privatversicherte zahlen kaum höhere Prämien als jüngere

Zur Diskussion über starke und abrupte Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) vor allem bei älteren Versicherten liefert eine Studie erstmals fundierte Daten. Danach müssen langfristig privat Krankenversicherte im Alter nicht zwangsläufig höhere Prämien als Jüngere zahlen. Die Studie basiert auf Langzeitdaten der vergangenen 20 Jahre von Versicherten des größten privaten Krankenversicherers in Deutschland.

Titel der Studie: Beitragsentwicklung in der PKV - Studie zur Entwicklung der Beiträge im Bestand und ihren wesentlichen Bestimmungsfaktoren

Hintergrund: Diskussion über hohe und sprunghafte Prämiensteigerungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) insbesondere für ältere Versicherte.

Fragestellung: Wie entwickeln sich die Prämien von Bestandsversicherten der PKV im Langzeitverlauf und welchen Einfluss haben versichertenindividuelle sowie regulatorische Faktoren hierauf.

Methode: Analyse von Längsschnittdaten von rund 716.000 durchgehend Krankheitskostenvollversicherten der Debeka der Jahre 1995 bis 2015. (Versichertenstamminformationen, Daten zum Versicherungsumfang und Prämienzahlungen der Jahrgänge 1974 und früher).

Ergebnisse: Die Prämien stiegen für alle Versicherten im Mittel jährlich um durchschnittlich 2,9 Prozent. Sprunghafte Beitragserhöhungen gab es bei etwa jedem fünften Versicherten. Im Vergleich zum GKV-Höchstbeitrag starke Beitragssteigerungen betrafen vor allem Arbeitnehmer, Selbständige und Status-Wechsler. Dies ging häufig mit individuellen Veränderungen des Versicherungsumfanges und Maßnahmen zur Beitragsdämpfung im Alter einher. Ältere langfristig Versicherte zahlen keine wesentlich höheren Prämien als Jüngere.
   
Auftraggeber: Debeka

Schlagwörter: private Krankenversicherung (PKV), Prämien, Beitragsentwicklung

Autoren: Martin Albrecht, Susanne Hildebrandt, Monika Sander

Berlin, 9. August 2017 (IGES Institut) - Dabei handelt es sich um rund 716.000 Versicherte der Geburtsjahrgänge 1974 und früher des größten deutschen privaten Krankenversicherers Debeka. Ihre Versichertenbiografien hat das IGES Institut im Auftrag des Unternehmens analysiert. Voraussetzung war, dass sie zwischen 1995 und 2015 durchgehend vollversichert waren. Gut 90 Prozent von ihnen sind beihilfeberechtigte Beamte und deren Familienangehörige, was eine Besonderheit der Debeka-Versicherung ist.

So zahlten die 41- bis 50-Jährigen beihilfeversicherten Männer 2015 durchschnittlich eine Prämie in Höhe von 168 Euro monatlich für ihren Versicherungsschutz. Bei den 71- bis 80-Jährigen waren es mit 182 Euro nur wenig mehr. Bei den Nicht-Beihilfeversicherten, etwa Selbstständigen und Angestellten, beliefen sich die durchschnittlichen Prämien für einen 71- bis 80-Jährigen auf 413 Euro und für einen 41- bis 50-Jährigen auf 359 Euro.

Prämienveränderungen variieren sehr stark

Die mittlere jährliche Prämienveränderung betrug für alle Versicherten zwischen 1995 und 2015 durchschnittlich rund 2,9 Prozent. Individuell betrachtet und von Jahr zu Jahr variieren die Prämienveränderungen allerdings stark. Zu den wesentlichen Einflussfaktoren zählen Wahlentscheidungen der Versicherten und persönliche Tarifänderungen sowie regulative und gesetzgeberische Maßnahmen. Gingen die Prämien für die Beihilfeberechtigten etwa im Jahr 2015 durchschnittlich um 0,8 Prozent zurück, legten sie 1997 um 13,2 Prozent zu.

Für die Nicht-Beihilfeberechtigten kam es 2015 nur zu durchschnittlichen Steigerungen in Höhe von 0,7 Prozent, 1997 allerdings zu Erhöhungen in Höhe von 14,6 Prozent. Langfristig betrachtet, so wie in der Studie, relativieren sich diese Ausschläge jedoch. Dabei geht ein Teil der Erhöhungen auf den gesetzlichen Beitragszuschlag zurück. Dieser wurde zum Jahresbeginn 2000 schrittweise eingeführt und soll für Privatversicherte ab dem Alter von 65 Jahren die Prämien stabil halten.

16 Prozent der Beihilfeversicherten hatten vergleichsweise starke jahresdurchschnittliche Prämiensteigerungen. Sie kamen auf ein jährliches Prämienplus von 4,6 Prozent. Bei den Angestellten und Selbstständigen waren dies fünf Prozent Prämiensteigerung pro Jahr, wovon aber lediglich sechs Prozent betroffen waren.

In der Gruppe mit den geringsten Prämienveränderungen stiegen die Beiträge bei den Beihilfeversicherten im Mittel um jährlich 1,2 Prozent und um 1,9 Prozent für Arbeitnehmer und Selbstständige.

Jeder fünfte Versicherte hatte abrupte Beitragssprünge

Für etwa jeden fünften der untersuchten Versicherten war die Beitragsentwicklung sprunghaft. Nach Definition der Studienautoren zählte dazu, wer mindestens zwei Erhöhungen um 20 Prozent und mehr oder mindestens fünf Erhöhungen um zehn Prozent und mehr erlebte. Besonders häufig waren hiervon mit einem Anteil von 41 Prozent Arbeitnehmer und Selbstständige betroffen. Unter den Beihilfeversicherten waren dies nur knapp 19 Prozent.

Ursache dieser abrupten Beitragsveränderungen waren meist individuell vereinbarte tarifliche Änderungen, weil die Betroffenen etwa ihren Erstattungsanteil erhöhten oder ihre Prämien im Alter vorsorglich durch zusätzliche Einzahlungen in jüngeren Jahren dämpfen wollten.

Acht Euro weniger als GKV-Versicherte

Die monatlichen Prämien für männliche Beihilfeberechtigte der Debeka lagen im Jahr 2015 bei durchschnittlich 193 Euro, für Nicht-Beihilfeberechtige bei 413 Euro. Letztere zahlten somit nach mindestens 20 Jahren Versicherungszugehörigkeit durchschnittlich etwa acht Euro weniger als ein GKV-Versicherter mit einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen, der auf 421 monatlich kommt.
Insgesamt verdeutlichen die Ergebnisse, dass die Beiträge der überwiegenden Mehrheit der Beihilfeversicherten nicht stark gestiegen sind. Für die Arbeitnehmer und Selbstständige waren die durchschnittlichen Beitragssteigerungen hingegen höher.

Die Studie zeigt ferner, dass sprunghafte Beitragsentwicklungen keine zwangsläufige Erscheinung darstellen. Ausschlaggebend sind dafür die Vorschriften zu den „auslösenden Faktoren“ für Prämienanhebungen. Die Studie empfiehlt daher, diese Regelungen so zu gestalten, dass die privaten Krankenversicherer Beitragsanpassungen kontinuierlicher gestalten und damit die Beitragsentwicklung über die Zeit stärker glätten können.