Studie: zu wenig Plätze in der Kurzzeitpflege in NRW

In mehr als jedem zweiten Kreis oder jeder zweiten kreisfreien Stadt in Nordrhein-Westfalen gibt es zu wenig Kurzzeitpflegeplätze. Zwar scheint das derzeitige Gesamtangebot noch zu funktionieren, um bei Pflegebeginn, nach Klinikaufenthalten oder in besonderen Situationen die häusliche Betreuung zu überbrücken. Doch die Nachfrage wird steigen. Zugleich nimmt die Zahl reiner Kurzzeitpflegeplätze in NRW seit Jahren ab. Experten empfehlen daher, Kurzzeitpflegeeinrichtungen finanziell besserzustellen.

Titel der Studie: Wissenschaftliche Studie zum Stand und zu den Bedarfen der Kurzzeitpflege in NRW

Hintergrund: Pflegebedürftige sollen so lange wie möglich zu Hause betreut werden. Ein wichtiges Hilfsangebot dabei ist die stationäre Kurzzeitpflege. Sie greift, wenn häusliche Pflege temporär nicht möglich ist. Allerdings häufen sich Berichte von Engpässen in der Kurzzeitpflege.

Fragestellung: Wie stellt sich das Angebot von Kurzzeitpflegeplätzen aktuell und künftig in Nordrhein-Westfalen dar? Wie sind die derzeitigen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Kurzzeitpflege zu bewerten?

Methode: Auswertung öffentlicher Daten der Pflegestatistik, Befragung von Pflegeeinrichtungen, Pflegestützpunkten und Sozialdiensten in Krankenhäusern.

Ergebnisse: In 57 Prozent der Kreise und kreisfreien Städte in NRW ist das Angebot an Kurzzeitpflegeplätzen unzureichend. Die Zahl reiner Kurzzeitpflegeplätze ging in den vergangenen Jahren zurück, während normale Pflegeheime derartige Plätze ausbauten. Um den künftigen steigenden Bedarf zu decken, sollte die Kurzzeitpflege besser vergütet werden.

Autoren: Grit Braeseke, Karl Nauen, Claudia Pflug, Sinja H. Meyer-Rötz, Paul Pisarek
    
Auftraggeber: Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter: Kurzzeitpflege, Pflegebedürftige, Bedarf, Angebot

Berlin, 06.03.2018 (IGES Institut) - Von den insgesamt 53 Kreisen oder kreisfreien Städte in NRW weisen aktuell nur 15 (28 Prozent) ein ausreichendes Angebot an Kurzzeitpflegeplätzen auf. 30 (57 Prozent) sehen den Bedarf hingegen nicht gedeckt und acht Kreise erwarten dies in der Zukunft. Das geht aus einer Untersuchung des IGES Instituts für das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW hervor.

Wie bundesweit steigt auch in NRW die Zahl der Kurzzeitpflegegäste kontinuierlich an: durchschnittlich um 6,2 Prozent pro Jahr. Zum Stichtag Ende 2015 wurden in NRW 5.580 Gäste in der Kurzzeitpflege versorgt. Ihnen standen jedoch nur 2.770 ausschließlich für die Kurzzeitpflege angebotene, so genannte solitäre Plätze, zur Verfügung. Rund 2.800 der Kurzzeitpflegebedürftigen in NRW wurden in normalen Pflegeheimen auf sogenannten „eingestreuten“ Kurzzeitpflegeplätzen betreut.

Angebot von Kurzzeitpflege wandelt sich

Dabei hat sich das Angebot an Kurzzeitpflege in den vergangenen Jahren strukturell verändert. Die Zahl der ausschließlich für Kurzzeitpflege nutzbaren Plätze ging zurück, während die flexibel auch für die Dauerpflege nutzbaren eingestreuten Kurzzeitpflegeplätze in Pflegeheimen zunahmen: Im Jahr 2011 gab es 2.111 reine Kurzzeitpflegeplätze, 2017 nur noch 1.858. Das ist ein Minus von 12 Prozent. Eingestreute Plätze in Pflegeheimen legten hingegen im gleichen Zeitraum um 50 Prozent von 8.920 auf 13.427 deutlich zu.

Grund für diesen strukturellen Wandel sind der Studie zufolge vor allem Schwierigkeiten, reine Kurzzeitpflegeeinrichtungen wirtschaftlich zu betreiben. Dazu trägt bei, dass Bewohner häufig wechseln, meist einen höheren Pflegebedarf aufweisen, die Auslastung schwankt, und dass die Leistungen unzureichend vergütet werden.

Kurzzeitpflege als Einstieg in Dauerpflege

Dass Pflegeheime vermehrt Kurzzeitplätze ausweisen, scheint den Studienautoren zufolge vor allem abrechnungstechnische Gründe zu haben. Zudem sind diese Plätze manchmal fehlbelegt, dienen also nicht ausschließlich zum Überbrücken von Engpässen in der ambulanten Pflege. Befragungen im Rahmen der Studie zeigen, dass Kurzzeitpflegeplätze oft als Einstieg in eine stationäre Dauerpflege genutzt werden. Bei eingestreuten Plätzen folgt in 45 Prozent der Fälle im Anschluss an die Kurzzeitpflege ein Übertritt in ein Pflegeheim. In solitären Kurzzeitpflegeeinrichtungen sind es nur 20 Prozent. Dagegen kehren 65 Prozent der Gäste einer solitären Kurzzeitpflegeeinrichtung wieder nach Hause zurück. Bei eingestreuten Plätzen sind es 47 Prozent.

Die Nachfrage nach Kurzzeitpflege wird aufgrund des demographischen Wandels und fehlender familiärer Pflegemöglichkeiten künftig steigen. Den bereits jetzt herrschenden Mangel an freien Kurzzeitpflegeplätzen werden auch die Pflegeheime nicht ausgleichen können, da sie immer mehr Dauerbewohner haben werden.

Höhere Pflegesätze nötig

Die Nachfrage nach Kurzzeitpflege wird aufgrund des demographischen Wandels und fehlender familiärer Pflegemöglichkeiten künftig steigen. Den bereits jetzt herrschenden Mangel an freien Kurzzeitpflegeplätzen werden auch die Pflegeheime nicht ausgleichen können, da sie immer mehr Dauerbewohner haben werden.
Höhere Pflegesätze nötig

Um die ambulante pflegerische Betreuung auch künftig zu sichern, empfehlen die Studienautoren daher, Kurzzeitpflegeeinrichtungen etwa durch höhere Pflegesätze finanziell besser zu stellen.