Experten zur Reform der Kassenfinanzierung: Gesundheitsfonds droht Finanzloch

Der durch die geplante Finanzierungsreform der gesetzlichen Krankenversicherung absehbare, intensivere Kassenwettbewerb könnte den Gesundheitsfonds in finanzielle Not bringen. Darauf weisen IGES-Experten in einem Beitrag der Zeitschrift „Welt der Krankenversicherung“ hin.

Berlin, 23. April 2014 (IGES Institut) - Motor dahinter sind die bei Krankenkassen gefürchteten Zusatzbeiträge, die bedingt durch die geplante Senkung des allgemeinen Beitragssatzes von 15,5 auf 14,6 Prozent wahrscheinlich alle Kassen künftig erheben müssen.

  Wie in dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Reformgesetz vorgesehen, werden ab dem nächsten Jahr wieder die Zusatzbeiträge als Prozentsatz vom Einkommen der Versicherten erhoben. Krankenkassen, deren Mitglieder im Durchschnitt geringere Einkommen haben, sollen aber deshalb keine höheren prozentualen Zusatzbeiträge verlangen müssen.

  Für die Zusatzbeiträge ist daher ein vollständiger Einkommensausgleich zwischen den Krankenkassen vorgesehen. Das heißt: Jede Kasse muss ihren Zusatzbeitrag so kalkulieren, als hätten alle ihre Mitglieder durchschnittlich hohe Einkommen. Alle Kassen mit gleicher Unterdeckung erheben dann den gleichen prozentualen Zusatzbeitrag.

Familienversicherte nicht ausreichend berücksichtigt

Die geplante Reform enthält jedoch zwei Schwachstellen, schreiben die IGES-Wissenschaftler weiter. So wird bei dem Einkommensausgleich nicht die unterschiedliche Zahl von Familienangehörigen berücksichtig, die keine Beiträge zahlen. So müsste eine Kasse mit relativ mehr Familienversicherten bei gleicher Unterdeckung einen höheren Zusatzbeitrag verlangen als eine Kasse mit relativ weniger Familienversicherten.

  Außerdem wird den IGES-Experten zufolge der Einkommensausgleich für die Zusatzbeiträge in der Regel nicht genau auf Null aufgehen. Vor allem wenn einkommensschwache Kassen relativ hohe Unterdeckungen haben, einkommensstarke Kassen aber relativ geringe (oder sogar Überdeckungen), fehlt dem Einkommensausgleich das nötige Geld.

Finanzstarke Kassen können Zusatzbeiträge gering halten

Da einkommensstarke Mitglieder tendenziell gesünder sind, können Kassen mit vielen Gutverdienern mit größerer Wahrscheinlichkeit auch dann geringere Zusatzbeiträge nehmen, wenn der Einkommensvorteil ausgeglichen wird. Hinzu kommt, dass gerade diese Kassen häufig über größere Finanzreserven verfügen. Damit können sie zusätzlich die Zusatzbeiträge niedrig halten.

  Die Reform sieht vor, dass Fehlbeträge im Einkommensausgleich aus den Reserven des Gesundheitsfonds beglichen werden. Dies kann längerfristig – wenn die Fondsreserven wie erwartet abschmelzen – keine tragfähige Lösung darstellen.

  In ihrem Beitrag diskutieren die Autoren verschiedene Optionen, dem Gesundheitsfonds ausreichend Geld zu sichern. Die Möglichkeit eines Steuerzuschusses halten sie zwar für ordnungspolitisch unproblematisch, jedoch angesichts der Schuldenbremse für politisch kaum durchsetzbar. Eine Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes von 14,6 Prozent könnte greifen, sobald absehbar ist, wie viel Mittel für den vollständigen Einkommensausgleich nötig sein werden. Die zusätzlichen Beitragseinnahmen sollten dann jedoch gezielt einkommensschwachen Kassen zufließen. Helfen könnte auch ein spezieller Ausgleichsbedarfsatz (ABS) für finanzschwache Krankenkassen, vergleichbar mit dem im alten Risikostrukturausgleich vor 2009.