Umfrage: Naturwissenschaftler forschen lieber außerhalb der Hochschulmedizin

Nur befristet angestellt zu sein, stellt für Nachwuchswissenschaftler in der Hochschulmedizin das größte Problem dar. So forschen rund 82 Prozent der Humanmediziner unter Zeitverträgen, bei den Naturwissenschaftlern sind es sogar 92 Prozent. Jungforscher fordern daher, dringend die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zu reformieren. Das zeigt eine Umfrage des IGES Instituts im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Auch mit Blick auf die Laufzeit der Zeitverträge sind die Naturwissenschaftler in der klinischen Forschung besonders stark benachteiligt. So war bei jedem zweiten das Arbeitsverhältnis auf längstens 1,5 Jahre befristet. Bei den Humanmedizinern kam dies nur bei jedem fünften und damit weniger als halb so häufig vor.

Doppelbelastung bei forschenden Ärzten

Die Befragungsergebnisse zeigen zwar, dass nicht-ärztliche Nachwuchswissenschaftler deutlich forschungsorientierter arbeiten. Sie leiden zudem nicht unter der Doppelbelastung von Patientenversorgung und Forschung, die das Hauptproblem ihrer ärztlichen Kollegen darstellt. So lässt die hohe zeitliche Belastung durch die Krankenversorgung Ärzten kaum mehr Raum für das Forschen. Kommt noch Lehrtätigkeit hinzu, kommt es zur Dreifachbelastung. Zudem fürchten sie Karrierenachteile, da für Beförderungen etwa auf Oberarztstellen nur klinische Erfahrungen in der Krankenversorgung zählen. Unklarheiten bestehen auch, ob und wie Forschungszeiten in der Facharztausbildung anerkannt werden.

Nicht-ärztliche Wissenschaftler müssen jedoch mit finanziellen Nachteilen leben, da sie nicht über eine vergleichsweise finanziell attraktive und unbefristete Klinikstelle verfügen. Sie sind dagegen überdurchschnittlich häufig drittmittelfinanziert und – auch deshalb häufiger – nur befristet beschäftigt.

Naturwissenschaftler fehlt Karriereperspektive

Insgesamt fühlen sich naturwissenschaftliche Jungforscher im Beruf deutlich unsicherer und sind erheblich unzufriedener, wie die Umfrage zeigt. Als Folge denken Naturwissenschaftler eher an einen Ausstieg aus der Forschung an medizinischen Fakultäten: Jeder fünfte der Befragten strebt einen Wechsel in außeruniversitäre Forschungseinrichtungen oder in die forschende Wirtschaft an. Allerdings sieht dann nur jeder zweite gute Karriereperspektiven für sich.

  Die Studie „Systematische Situationsanalyse zum wissenschaftlichen Nachwuchs in der klinischen Forschung“ liefert erstmals eine repräsentative Momentaufnahme, um die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses in der klinischen Forschung zu beurteilen.

  Die IGES-Wissenschaftler hatten Fragebögen von knapp 1.400 Teilnehmern ausgewertet, fast Zweidrittel davon waren Frauen. Gut die Hälfte der Teilnehmer hatte ein naturwissenschaftliches Studium absolviert, knapp ein Drittel ein humanmedizinisches. Einbezogen waren zudem Zahnmediziner, Gesundheitswissenschaftler oder Psychologen. An der empirischen Analyse beteiligten sich auch 24 der 36 medizinischen Fakultäten in Deutschland.