Immer mehr MS-Diagnosen in Deutschland

Bei immer mehr Menschen in Deutschland wird die Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose (MS) diagnostiziert. Wurden im Jahr 2005 rund 102.000 Betroffene behandelt, waren es 2009 bereits 143.000 Bundesbürger. Zugleich erhöhte sich der Anteil von Patienten, die entsprechend spezifisch therapiert werden.

Berlin, 12. Dezember 2014 (IGES Institut) - Ziel der Untersuchung war es, genauere Informationen über die Zahl der Fälle und die Behandlung dieser schweren neurologischen Krankheit zu erfahren, wie die Autoren in der Fachzeitschrift BMC Health Service Research (2014, 14:381) schreiben. Die Ergebnisse bestätigen andere epidemiologische Studien, konkretisieren aber die Zahlen für Deutschland.

Routinedaten niedergelassener Ärzte

Datenbasis waren Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bayerns, die anschließend auf Gesamtdeutschland hochgerechnet wurden. Betrachtet wurden Patienten mit mindestens einer durch Neurologen, Nervenärzte oder Psychiater erfolgten Diagnose der MS bzw. mindestens einer Verordnung eines MS-spezifischen Arzneimittels. Danach errechneten die IGES-Wissenschaftler eine Behandlungsprävalenz in Bayern von 0,12 Prozent der Gesamtbevölkerung in 2005, die bedeutsam auf 0,17 Prozent im Jahr 2009 stieg.

Diagnostik hat sich gewandelt

Diese Zunahme könnte eine verbesserte Diagnostik sein, vermuten die IGES-Wissenschaftler. So ermöglichen mehrfach geänderte Diagnosekriterien und ein verstärkter Einsatz der Magnetresonanztomographie (MRT) inzwischen, die Krankheit früher und sicherer zu erkennen.

Versorgung hängt vom Alter ab

Die in der in der Studie gezeigte vermehrte medikamentöse Behandlung hängt stark vom Alter der Patienten ab. Ältere Menschen mit MS erhalten seltener Immunmodulatoren. Bei den unter 30-Jährigen stieg der Anteil versorgter Patienten im Beobachtungszeitraum von 59,9 auf 67,6 Prozent, bei den 30- bis unter 50-Jährigen hingegen von 51,4 auf nur 56,8 Prozent. Noch seltener wurden 50- bis 59-Jährige therapiert: von 34,3 auf 40,9 Prozent.

Diese Befunde decken sich mit den aktuellen therapeutischen Ansätzen bei MS. Danach soll so früh wie möglich immunmodulatorisch behandelt werden sollte, da die Erfolgsaussichten umso geringer werden, je länger die Entzündungsaktivität schon besteht. Die Zahlen spiegeln auch wider, dass es für einen Teil der Patienten – etwa mit primär progredienter MS - derzeit keine spezifischen Therapieoptionen gibt.


Ariane Höer, Guido Schiffhorst, Anne Zimmermann, Johann Fischaleck, Luise Gehrmann, Henrik Ahrens, Gunther Carl, Karl-Otto Sigel, Ulrike Osowski, Maria Klein and Hans-Holger Bleß: Multiple sclerosis in Germany: data analysis of administrative prevalence and healthcare delivery in the statutory health system. BMC Health Services Research 2014; 14:381