Multidisziplinäre Kurzzeitpflege verbessert Gesundheitszustand Pflegebedürftiger

Eine besonders intensive und optimal koordinierte Kurzzeitpflege nach Krankenhausaufenthalten verbessert Gesundheitsergebnisse und Nachversorgung Pflegebedürftiger deutlich. Im Vergleich mit der derzeitigen, konventionellen solitären Kurzzeitpflege sind diese Kurzzeitpflegegäste weniger pflegeabhängig, schmerzfreier und werden passender in eine geeignete Anschlussbetreuung entlassen. Das zeigt ein zweijähriges Modellprojekt in Baden-Württemberg, das ein Wissenschaftlerteam des IGES Instituts evaluiert hat.

Berlin, 29. April 2025 (IGES Institut) - Das Modellprojekt war Teil des „Innovationsprogramms Pflege“, mit dem das baden-württembergische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Angebote der Kurzzeitpflege ausbauen und weiterentwickeln möchte. Im Kern dieses innovativen Modells stehen vier zentrale Elemente: die Koordinierung der Versorgung durch ein Case Management, regelmäßige multiprofessionelle Fallbesprechungen, eine regelhafte Versorgung durch ärztliches Personal mit geriatrischer Qualifikation sowie die Versorgung in einem multiprofessionellen Team mit zielgerichtetem Einsatz von Therapeutinnen und Therapeuten. Die Evaluation entstand im Auftrag der solitären Kurzzeitpflegeeinrichtung Bad Sebastiansweiler, die diese Elemente implementiert hat.

Eine der umfassendsten Analysen ihrer Art im Bereich Kurzzeitpflege

Die Evaluation, durchgeführt vom IGES Institut, verglich über einen Zeitraum von fast 12 Monaten eine innovative Modelleinrichtung mit zwei konventionellen, solitären Kurzzeitpflegeeinrichtungen. Insgesamt wurden 233 Interventionsfälle und 130 Vergleichsfälle mit zusammen 6.964 Versorgungstagen dokumentiert und analysiert. Es ist eine der umfassendsten Analysen ihrer Art im Bereich der poststationären, solitären Kurzzeitpflege. Sie bestätigt Erkenntnisse vorheriger Forschungsergebnisse.

Geringere Pflegeabhängigkeit am Ende der Kurzzeitpflege

Besonders bemerkenswert waren die Unterschiede bei den Gesundheitsoutcomes: Die Pflegeabhängigkeit, etwa gemessen beim Unterstützungsbedarf beim Anziehen, Essen oder Toilettengang, war bei den Gästen mit dem innovativen Pflegekonzept zum Zeitpunkt der Entlassung deutlich niedriger.

Auch bei der Schmerzintensität zeigte sich ein signifikanter Unterschied zugunsten der Interventionsgruppe. Ferner steigerte sich bei ihnen das Wohlbefinden als in der Vergleichsgruppe. Auch im Bereich der medizinischen Versorgung waren die Unterschiede deutlich: In der Interventionsgruppe erfolgten durchschnittlich mehr ärztliche Besuche pro Gast, verglichen mit der Vergleichsgruppe.

Mehr diagnostische Anpassungen durch bessere ärztliche Versorgung

Aufgrund der im Modellprojekt möglichen regulären ärztlichen Versorgung war die Zahl der diagnostischen Anpassungen pro Gast in der Interventionsgruppe ebenfalls deutlich höher. Ein weiterer wesentlicher Vorteil des Modells lag in der Förderung des Rehabilitationspotentials: Die therapeutische Ausrichtung und die Angliederung an eine Rehabilitationseinrichtung erleichterten den Übergang in eine Anschlussrehabilitation.

Dabei zeigte sich, dass Gäste mit einem Rehabilitationspotenzial bei Aufnahme eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit hatten, in eine Rehabilitationseinrichtung entlassen zu werden. Als besonders wirkungsvoll erwies sich das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten: Case Management, multiprofessionelle Teamsitzungen und therapeutische Ausrichtung.

Wohlbefinden und Sicherheitsgefühl verbessern sich in der Kurzzeitpflege

Auch die Nutzerinnen und Nutzer der innovativen Kurzzeitpflege berichten positiv. So empfanden sie ein höheres Sicherheitsgefühl aufgrund der Versorgung durch die verschiedenen Berufsgruppen. Das Wohlbefinden steigerte sich zwar unabhängig von der Art der Kurzzeitpflege bei beiden Gruppen, jedoch bei den Gästen des innovativen Modells stärker (um rund 17 Prozent statt um 11,5 Prozent).

Keine Veränderungen beim Dekubitusrisiko

Die Evaluation zeigte aber auch Bereiche, in denen das innovative Konzept keine eindeutigen oder sogar geringere Vorteile aufwies als die konventionelle Kurzzeitpflege.

Bei der Entwicklung des Dekubitusrisikos (Druckgeschwürrisiko) wurde interessanterweise kein signifikanter Vorteil festgestellt. Im Gegenteil: Während das Dekubitusrisiko bei den Interventionsfällen um rund zehn Prozent sank, verzeichneten die Vergleichsfälle eine Reduktion um etwa 27 Prozent. Ursache könnten unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen sein. Die Gäste der innovativen poststätionären Kurzzeitpflege hatten etwa bei Aufnahme einen schlechteren Hautzustand, wobei bei mehr als der Hälfte (52,2%) Hautdefekte dokumentiert wurden, während dies nur bei 22,7% der Vergleichsfälle der Fall war. Bei den Interventionsfällen waren überwiegend chirurgische oder orthopädische Eingriffe nach operativer Versorgung (64,4%) der Hauptzuweisungsgrund, während bei den Vergleichsfällen internistische Erkrankungen (49,2%) dominierten.