Ranking: Frankreich ist Top-Markt für deutsche Gesundheitswirtschaft

Eine Top-5-Liste zeigt EU-Länder, die für die mittelständische deutsche Gesundheitswirtschaft das größte Marktpotenzial bergen. Platz 1 hat demnach Frankreich inne, gefolgt von Italien und Spanien auf Platz 2. An dritter Stelle stehen Schweden und Dänemark, danach Österreich und Polen, die sich alle besonders für eine engere wirtschaftliche Verflechtung eignen. Um diese Potenziale besser heben zu können, empfehlen Experten, deutschen Unternehmen vor allem mit Informationen über die jeweiligen länderspezifischen Rahmenbedingungen des Gesundheitsmarktes zur Seite zu stehen.

Berlin, 20. September 2021 (IGES Institut) – Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie des IGES Instituts und des Wirtschaftsforschungsinstituts WifOR. Sie entstand im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Ziel war es, auf Basis gesundheitswirtschaftlicher Daten und Experteneinschätzungen fünf europäische Länder zu ermitteln, die vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) der exportorientierten Gesundheitswirtschaft vielversprechende Absatzmärkte und hilfreiche Kooperationen versprechen. Kooperationen können KMU vor allem bei Vertrieb, Entwicklung sowie klinischer Forschung nutzen. Die Studie konzentriert sich dabei auf die Bereiche Arzneimittel, Medizinprodukte, Medizintechnik und medizinische Biotechnologie. Hinsichtlich der Abgrenzung der exportorientierten Gesundheitswirtschaft wurde der Definition und Güterabgrenzung der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnung des BMWi (GGR) gefolgt.

Frankreich hat größten Gesundheitsmarkt

Bewertet wurde das Marktpotenzial unter anderem an der Größe und Dynamik des Gesundheitsmarktes in den jeweiligen Ländern. Die Studienautoren zogen dafür die Gesundheitsausgaben und demographische Eckdaten heran. So verfügt Frankreich als zweitgrößte Volkswirtschaft der Europäischen Union (EU) über den größten Gesundheitsmarkt und die größte Einwohnerzahl mit überdurchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit in Höhe von 3.373 Euro, die zudem seit 2010 um sieben Prozent gestiegen sind. Die Marktgröße ist vor allem für Entwickler von Nischenprodukten, etwa von innovativen Produkten gegen seltene Erkrankungen, relevant, um auf genügend Patienten zu treffen.

Viele altersbedingte Nutzer in Italien und Spanien

Ein großes Marktpotenzial durch viele altersbedingte Nutzer von Gesundheitsprodukten weisen die dritt- und viertgrößten EU-Volkswirtschaften Italien und Spanien auf: So leben in Italien im EU-Ländervergleich die meisten Über-65-Jährigen (13,8 Mio. Menschen, 23 Prozent der Gesamtbevölkerung). Spanien wird Prognosen zufolge bis 2030 mit 27 Prozent den größten Zuwachs bei den Über-65-Jährigen erfahren. Aber auch in Frankreich wird diese Altersgruppe in dieser Zeit um 20 Prozent zulegen.

Hohes EU-Außenhandelspotenzial in Österreich und Schweden

Schweden und Österreich sind aufgrund ihrer geringen Gesamtbevölkerung zwar nur kleine Märkte, weisen aber ein hohes Außenhandelspotenzial auf. So bezog Österreich im Jahr 2019 mit einem Anteil von 39 Prozent an den Importen von Gesundheitsprodukten überdurchschnittlich viele Gesundheitsprodukte aus Nicht-EU-Ländern. Dies eröffnet die Chance für einen Wechsel auf innereuropäische Einfuhren und somit neue Marktpotenziale für die exportierende deutsche Gesundheitswirtschaft. Schweden hat zwar einen vergleichsweise unterdurchschnittlichen Anteil von Nicht-EU-Importen, der zudem seit Jahren sinkt. Aber auch dies eröffnet die Möglichkeit, Handelsbeziehungen innerhalb der EU auszubauen. Schweden zeigt zudem mit einem Plus von 42 Prozent den vergleichsweise größten Zuwachs bei den Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit seiner Bewohner in den vergangenen acht Jahren.

Modernes Gesundheitswesen in Dänemark und hohes Innovationspotenzial in Polen

Dänemark erreichte den dritten Platz beim Marktpotenzial-Ranking für die exportorientierte deutsche Gesundheitswirtschaft, weil es über ein modernes Gesundheitssystem verfügt und vor allem im Bereich Digitalisierung ein großes Potenzial für Kooperationen eröffnet. Polen schaffte es wegen seines großen Innovationspotenzials auf Platz 4. Als Land des ehemaligen Ostblocks hat Polen in den Jahren nach seinem EU-Betritt bereits überproportional in sein Gesundheitssystem investiert und muss dies aufgrund der unterdurchschnittlichen Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben sowie der absehbaren Alterung seiner Gesellschaft weiter tun. Gemessen an der Größe der älteren Bevölkerung ist Polen der viertgrößte Gesundheitsmarkt.

Deutsches Exportvolumen in Höhe von 146 Milliarden Euro

Deutschland exportierte im Jahr 2019 Arzneimittel, Medizinprodukte und -technik sowie biotechnologische Produkte im Wert von 145,7 Milliarden Euro. Die Hälfte (74,4 Milliarden Euro) machen dabei Arzneimittel aus, 17,4 Prozent (25,3 Milliarden Euro) Medizinprodukte. 2010 lag das gesundheitswirtschaftliche Exportaufkommen noch bei 68,7 Milliarden Euro.

Von den 145,7 Milliarden Euro Exportvolumen wurden Waren im Wert von 85,2 Milliarden Euro innerhalb der EU vertrieben. Hauptexportdestination waren die Niederlande (13,1 Milliarden Euro Exportvolumen) gefolgt von Frankreich und Italien (8,2 und 7,3 Milliarden Euro Exportvolumen). Diese drei Länder sind für 47,3 Prozent der gesamten deutschen Gesundheitsexporte in den europäischen Binnenmarkt verantwortlich. Seit 2010 haben die Exporte der deutschen Gesundheitswirtschaft in EU-Länder um 5,9 Prozent zugenommen.

Für das Länder-Ranking analysierten die IGES- und WifOR-Expertenteams demographische, gesundheitswirtschaftliche und Handelsdaten. Für die Auswahl wurden 15 der EU-27-Länder betrachtet. In die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Unterstützung der deutschen Gesundheitswirtschaft flossen zudem Ergebnisse von Expertengesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern von exportorientierten Unternehmen der Gesundheitswirtschaft sowie von Unternehmens- bzw. Fachverbänden ein.