Versorgungsreport Schlaganfall: Chancen für mehr Gesundheit Deckenbach, Bernd; Nolting, Hans-Dieter; Sydow, Hanna; Zich, Karsten (April 2015)

Premiere: WHO-Methoden machen Versorgung in Deutschland transparent

Hierzulande bisher kaum genutzte gesundheitsökonomische Methoden der Weltgesundheitsorganisation WHO sollten Experten zufolge stärkere Anwendung finden, um die Ressourcen wirksamer einzusetzen. IGES-Experten haben damit die Schlaganfall-Versorgung von der Prävention bis zur Rehabilitation in Deutschland untersucht, eine in dieser Form erstmalige Analyse.

Berlin, 08. Mai 2015 (IGES Institut) - Bei der im Auftrag der DAK-Gesundheit entstandenen Studie griffen die IGES-Wissenschaftler auf Methoden zur Quantifizierung der Krankheitslast und die so genannte „Generalized Cost-Effectiveness Analysis“ (GCEA,) zurück. Diese Methoden wurden von der WHO ursprünglich im Kontext von Studien zur globalen bzw. regionalen Krankheitslast sowie zur Unterstützung von Planung und Prioritätensetzung im Gesundheitswesen entwickelt. „Mit diesem innovativen Konzept können wir die Potenziale von Maßnahmen zur Versorgungsoptimierung besser bewerten“, sagte der IGES-Geschäftsführer und Autor des „Versorgungsreport Schlaganfall“ der DAK-Gesundheit Hans-Dieter Nolting anlässlich eines Fachsymposiums in Berlin.

Krankheitslast erhält Dimension

Dafür ermittelten sie erst die Krankheitslast, die Hirninfarkte verursachen. Diese wird als Summe aus vorzeitiger krankheitsbedingter Sterblichkeit und durch das Leben mit der Krankheit aufgrund von bleibenden Behinderungen verminderte Lebensqualität pro Jahr als „Disability-Adjusted Life Years“ (DALY) gemessen. In einem zweiten Schritt errechneten die Wissenschaftler, wie viel Krankheitslast bereits aktuell durch den realisierten Versorgungsstandard vermieden wird. In einem letzten Schritt modellierten sie, wie sich die Krankheitslast durch konkrete Verbesserungsoptionen weiter senken ließe und wie sich die die Kosten-Effektivität für ausgewählte Versorgungsabschnitte darstellt.

So ist mit den in Deutschland auftretenden etwa 150.000 erstmaligen Hirninfarkten pro Jahr eine Krankheitslast von 1,039 Mio. DALY verbunden. Durch die bisherige medikamentöse Primärprävention bei Vorhofflimmern - einem der wichtigsten Risikofaktoren für Schlaganfälle - werden pro Jahr etwa 12.300 erstmalige Schlaganfälle und eine Krankheitslast von 64.100 DALY verhindert. Hierfür werden insgesamt etwa 31,7 Mio. Euro eingesetzt. Umgerechnet auf jeden vermiedenen Schlaganfall entspricht dies rund 2.600 Euro, pro vermiedenes DALY etwa 500 Euro.

Bessere Primärprävention könnte 9.400 Hirninfarkte verhindern

Eine noch bessere Früherkennung und konsequentere Behandlung des Vorhofflimmers in der Primärprävention durch den derzeitigen Therapiestandard mit oralen Antikoagulantien (OAK) könnten pro Jahr weitere 9.400 erstmalige Schlaganfälle und eine Krankheitslast von 48.800 DALY vermeiden. Die zusätzlichen Kosten für jedes vermiedenes DALY liegen – in Abhängigkeit von den verschiedenen Behandlungsanteilen mit älteren und neueren OAK - zwischen 742 und 7.132 Euro.